zum Hauptinhalt

Bayern: Schwarz-Grün: Ja mei, des passt scho

Selbst in Bayern ist Schwarz-Grün denkbar geworden – jetzt ist nichts mehr unmöglich. Die Basis und erst recht die Wähler der Union sind, was grüne Überzeugungen betrifft, vielleicht schon viel offener als die Parteifunktionäre.

Von Antje Sirleschtov

Schwarz-Grün – ein „Hirngespinst“. Warum? Einen furchtbaren „Saustall“ hatte der Grünen-Fraktionschef Martin Runge die CSU in Bayern genannt und den ewigen Abstand zu den Erzkonservativen mit dem Hang zur Herdprämie beschworen. Und den eigenen wie den CSU-Leuten damit durchaus aus dem Herzen gesprochen. Was sollte man auch mit dem jeweils anderen anfangen?

Runges Unvereinbarkeitserklärung liegt jetzt drei Jahre zurück, die deutsche Sicht auf die Grünen (und womöglich noch mehr die CSU selbst) hat sich seither verändert und zu Pfingsten hat Runge das Münchner Spektrum schließlich um eine Option erweitert: Schwarz-Grün 2013 in Bayern – Warum nicht, fragt er und weiß mit der Bildungspolitik nun gar nur noch ein einziges Thema zu nennen, das die Parteien wirklich trennt. Ja mei, was in Bayern gehen soll, dass kann doch erst recht anderswo nicht unmöglich sein. Jetzt, wo die CDU dabei ist, in der Energiepolitik den letzten großen Brocken aus der Landschaft zu rollen, der Schwarze und Grüne bislang noch getrennt hat.

Wer mit der Lupe tief ins Schwarze und Grüne hineingeschaut hat, der konnte ohnehin schon lange den Kopf über den vermeintlichen Abstand schütteln. Bis hinein in die konservativste bäuerliche Familie ist die Überzeugung vom Schutz der Natur und ihrer Früchte seit Urzeiten verankert. Und zum Umstieg auf Solarstrom und Biomasse, das zeigen die Investorendaten, muss man weder Schwaben noch Hessen überreden. Die Basis und erst recht die Wähler der Union sind, was grüne Überzeugungen betrifft, vielleicht schon viel offener als die Parteifunktionäre. Was in den Städten übrigens auch andersherum gilt. Warum sonst sollte Renate Künast schwarz-grüne Optionen in Berlin überhaupt diskutieren, wenn sie nicht wüsste, dass die Öko-Muttis vom Prenzlauer Berg (fast) nichts so sehr ersehnen, wie einen starken Polizisten an jeder U-Bahn- Haltestelle, der für die Sicherheit ihrer Kinder sorgt.

Und auch beim Blick ins große politische Tagesgeschäft spricht inhaltlich erstaunlich wenig gegen ein Doppel von Merkel und Trittin. Beide, Union und Grüne, sind überzeugte Europaparteien, gesellschaftspolitisch und in ihrem Verhältnis zu den Kirchen trennt sie weniger, als es zuweilen den Anschein hat. Und was das Thema Geld angeht: Das Fremdschämen über einen Koalitionspartner, der trotz Milliardenschulden und Euro-Krise nicht aufhören will, von der großen Steuersenkung statt von der Konsolidierung der Haushalte zu reden, das wäre Merkel mit den Grünen nicht passiert. Überhaupt sind die Grünen, wenn es um die Verbindung von Freiheit und Verantwortung, auch sozialer, geht, bei näherer Betrachtung die wahren Erben des Liberalen Karl-Hermann Flach. Das lässt ein durchaus spannendes Verhältnis von Nähe zur und Abstand von der Union erwarten.

So weit zur Theorie. Für eine Koalition reicht aber die inhaltliche Übereinstimmung nicht aus. Es braucht auch eine Mehrheit. Und die gibt es nur vom Wähler.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false