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Berliner Bankskandal: Blume aus dem Sumpf

Am Ende des Berliner Bankenskandals: Die Stadt hat klug gewartet – und Kasse gemacht.

Thilo Sarrazin kann triumphieren. Als er Anfang 2002 sein Amt als Berliner Finanzsenator antrat, saß er auf den Trümmern der damaligen Bankgesellschaft. In der Stadt waren damals die meisten einer Meinung: Bloß weg damit! Doch Sarrazin schlug das Angebot eines Finanzinvestors aus, der die Bank fast geschenkt haben wollte. Diese Entscheidung hat sich nun bezahlt gemacht. Das Land Berlin streicht mehr als vier Milliarden Euro ein und kann damit – und mit ein bisschen Glück – die Schäden aus dem Bankenskandal decken, der die Stadt vor sechs Jahren erschüttert hat.

Die 1994 gegründete Bankgesellschaft war ein Produkt des neuen Berliner Größenwahns. Sie sollte mitmischen im Spiel der ganz Großen in der Finanzszene – so wollte es die Berliner Politik. Daraus wurde nichts. Die Bank versank in einem Sumpf aus fragwürdigen Immobilienkrediten. Nun hat das Institut als Landesbank Berlin seine zweite Chance bekommen. Durch den Verkauf an den Sparkassenverband bleibt sie eine eigenständige Bank und kann den Weg zu bundesweiter Bedeutung noch einmal antreten, diesmal allerdings eine Spur bedächtiger.

Größten Respekt in Bankenwelt und Politik

Eine wichtige Rolle könnte dabei Bankchef Hans-Jörg Vetter spielen. Auch er ist einer der Gewinner des Verkaufs, obwohl ihm selbst wohl ein Börsengang lieber gewesen wäre. Vetter steht nun blendend da. Er hat die Bank saniert und verkaufsfertig gemacht – mit einem harten Sparkurs, der viele Mitarbeiter den Job und die übrigen einen Teil ihres Gehalts gekostet hat. Das hat ihm in der Bankenwelt und in der Politik größten Respekt eingebracht. Nun kann er sich aussuchen, ob er seinen Vertrag bis 2011 erfüllen will oder ob eine andere Bank vielleicht sogar einen besseren Job für ihn parat hat.

Und es gibt noch einen dritten Gewinner im Spiel um die Bank: Sparkassenpräsident Heinrich Haasis, der vor gut einem Jahr in einer denkbar schwierigen Phase sein Amt angetreten hatte. Mit der Berliner Sparkasse stand die erste und dazu noch größte deutsche Sparkasse vor dem Verkauf an einen privaten Bieter. Der Versuch, dies durch eine gemeinsame Aktion aller Sparkassen zu verhindern, schien angesichts der Heterogenität der Gruppe nahezu aussichtslos. Haasis setzte alles auf eine Karte und gewann – wenngleich zu einem hohen Preis.

Die deutsche Bankenlandschaft sieht bald anders aus

Das Verkaufsverfahren hat Wellen weit über Berlin hinaus geschlagen, weil es einen ordnungspolitischen Grundpfeiler Deutschlands ins Wanken gebracht hat: die Dreiteilung des Bankensystems in private, genossenschaftliche und öffentlich-rechtliche Institute. Hätte ein privater Bieter die Berliner Sparkasse bekommen, sähe die deutsche Bankenlandschaft schon bald sehr anders aus. Der Sparkassenverband hat dies verhindert, doch er hat die Entwicklung damit wohl nur verzögert. Die Kämmerer anderer Städte werden angesichts der Milliardeneinnahmen neidisch auf Sarrazin blicken und vielleicht bald Ähnliches versuchen. Ein zweites Mal wird dem Sparkassenverband eine solche Abwehrschlacht wohl nicht gelingen.

Stefan Kaiser

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