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Der neue Polizeipräsident Klaus Kandt am Dienstag bei seiner öffentlichen Vorstellung. Im Hintergrund Innensenator Frank Henkel (CDU).

© dpa

Berlins Polizeipräsident: Was Klaus Kandt jetzt leisten muss

Endlich gibt es einen neuen Polizeipräsidenten: Klaus Kandt. Er nehme sich Zeit zum Nachdenken, heißt es. Das ist nicht das Schlechteste für das sensible Stadtklima, das keinen Haudrauf verträgt. Doch der neue Polizeichef muss noch mehr können.

Haben wir’s endlich? Zwei Jahre nach der ersten Ausschreibung und einem an Peinlichkeiten, Pannen und Prozessniederlagen kaum zu überbietenden Verfahren hat Berlin einen Polizeipräsidenten – falls nicht erneut ein unterlegener Kandidat klagt. In dem Fall wäre Berlin endgültig blamiert.

Kaum noch überraschend ist dagegen, dass der neue Chef Klaus Kandt heißt. Ihn hatte Innensenator Frank Henkel ja schon vor einem Jahr zu seinem Favoriten erklärt. So viel zu einem neutralen, ergebnisoffenen Auswahlverfahren. Der Verdacht, dass der Posten nach Parteibuch besetzt wurde, bleibt. Henkels SPD- Vorgänger Ehrhart Körting hat allerdings nicht anders gehandelt. Es wäre deshalb ehrlicher gewesen, den neuen Präsidenten zu ernennen, was auch der Regierende Bürgermeister mitgetragen hätte.

So muss sich der Innensenator fragen lassen, ob er ein Problem mit Frauen hat. Eine Entscheidung für die amtierende Präsidentin Margarete Koppers, die Deutschlands größte Polizei mit über 22 000 Beschäftigten seit eineinhalb Jahre führt und sich viel Anerkennung erwarb, wäre ein Signal gewesen. Das kann noch Ärger geben, wenn selbst der Senatspartner SPD auf das Landesgleichstellungsgesetz verweist, das bei gleicher Eignung einer Frau den Vorrang gibt.

Es ist kein Leichtes, im Schatten dieses Entscheidungsprozesses anzutreten, auch nicht für Kandt, der ein qualifizierter Polizist und erfahrener Behördenleiter ist. Erfolgreich wird er aber nur sein, wenn er auch ein politischer Kopf ist. Für die Polizei ist am wichtigsten, dass endlich der Schwebezustand einer vorläufigen Führung beendet ist, in dem mehr verwaltet als wirklich gestaltet werden konnte. Spektakuläre Gewalttaten wie die tödliche Attacke gegen Jonny K. oder die Angriffe auf jüdische Bürger haben die Berliner beunruhigt und das Personalproblem der Polizei deutlich gemacht.

Die wenigen verfügbaren Einsatzkräfte immer dort öffentlichkeitswirksam einzusetzen, wo es nottut – mit Sonderstreifen gegen U-Bahn-Schläger oder gegen Auto- Zündler – ist keine Strategie, sondern Hilflosigkeit. Hier muss die Polizei Vertrauen aufbauen und zeigen, dass die Metropole sicher bleibt. Kameras sind nützlich, ein Sicherheitsgefühl aber können sie nicht vermitteln. Wie mehr Beamte auf den Straßen präsent sind, statt nach Straftaten nur Videos auszuwerten, ist eine Aufgabe für den neuen Chef. Weil es nicht mehr als die im Koalitionsvertrag genehmigten 250 Beamten gibt, kann dies nur durch interne Umgruppierung, bessere Ausrüstung und eine schlankere Verwaltung gelingen.

Die Erfahrung des jetzigen Chefs der Bundespolizeidirektion könnte hilfreich sein, mit der Bundesregierung darüber zu reden, wie die unhaltbare Zusatzbelastung der Hauptstadtpolizei durch tausende Demos und aufwendigen Schutz von Botschaften und Ministerien zu mindern ist. Seine großen Vorgänger haben zudem gezeigt, dass der beste Polizeieinsatz der ist, der nicht stattfindet. Glietsch hat durch mehr Prävention und ein Intensivtäterprogramm die Jugendkriminalität gesenkt und mit der Doppelstrategie aus Toleranz und Härte die Randale am 1. Mai befriedet. Die Polizei zu öffnen für Beamte nicht deutscher Herkunft und Migrantenvereine in eine Präventionspartnerschaft einzubinden, kann das friedliche Zusammenleben festigen.

Der neue Polizeichef, so heißt es, nehme sich die Zeit zum Nachdenken. Das ist nicht das Schlechteste für das sensible Stadtklima, das keinen Haudrauf verträgt. Entscheiden muss er trotzdem.

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