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Berlin bereitet sich auf die Olympia-Bewerbung vor.

© dpa

Bewerbung für Olympische Spiele: Kann Berlin Olympia?

Jahrelang traute sich Berlin nicht an eine neue Olympia-Bewerbung. Jetzt wird es wieder ernst. Innensenator Frank Henkel hofft auf den Zuschlag für „Spiele der neuen Bescheidenheit". Doch das dürfte mit dem IOC nicht zu machen sein.

Was für das heutige Berlin der Flughafen ist, war für das Berlin der frühen 90er Jahre die Olympia-Bewerbung. Übermut, Hochstapelei, Schludrigkeit, Peinlichkeit, Protzerei, Gutgläubigkeit – alles das führte 1993 zur Blamage von Monte Carlo. Berlin hatte nicht den Hauch einer Chance und ging bei der Abstimmung im IOC unter. Sydney bekam den Zuschlag für die Spiele 2000. Jahrelang traute sich in Berlin niemand an eine neue Bewerbung heran. Zu unangenehm war die Erinnerung an immer neue Skandälchen, zu gegenwärtig das Bild der „Nolympia“-Bewegung, die dem IOC den Mittelfinger zeigte. Das mögen sie dort nicht so gerne.

Erst Klaus Wowereit nahm vor ein paar Jahren das Thema wieder auf, und er hatte dafür einen guten Grund: Spätestens in zehn Jahren braucht Berlin ein Imagedoping, eine neue Erzählung, weil die alte dann abgenutzt ist. Jetzt wird die Sache tatsächlich ernst – am 6. Dezember entscheidet der Deutsche Olympische Sportbund, welche Stadt beim IOC den Kandidatenstatus anmelden darf.

Olympia würde für Berlin einschneidende Veränderungen bedeuten

Doch wer meint, Berlin sei dank des Vorlaufs gut vorbereitet, kann sich nur wundern. Die zuständige Verwaltung von Innen- und Sportsenator Frank Henkel stellt überrascht fest, dass die Beantwortung des Fragebogens, den der DOSB an Hamburg und Berlin geschickt hat, „vorhersehbar äußerst ambitioniert“ ist und „unter erheblichem Zeitdruck“ steht. Belastbare Angaben zu den Wettkampfstätten und zur Finanzierung seien „nur sehr schwer zu ermitteln“. Bei zwei weiteren Fragen ist sogar sicher, dass sie gar nicht seriös zu beantworten sind bis zum Ablauf der Frist Ende August: die nach der Einstellung des Parlaments und die nach der Akzeptanz in der Stadt.

Ob Berlin Olympia tatsächlich kann, wie Klaus Wowereit selbstbewusst sagt, ist weniger vom Ausnahmezustand des Flughafens abzuleiten, als vielmehr von solchen offenen Fragen. Denn auch die Erwartung des Senats, die Berliner würden sich schon für Olympia begeistern, ist wenig belastbar – als Vergleichsgrößen werden die Fußball-WM 2006 und die Leichtathletik-WM 2009 herangezogen. Krummer kann ein Maßstab kaum sein: Ein paar Spiele und Wettbewerbe in einem Stadion sind logistisch ein kleiner Landeplatz im Vergleich zur Großbaustelle Olympia, die erheblich teurer und komplizierter ist und einschneidende Veränderungen der Stadt mit sich bringt.

Der Senat träumt von einer "Bürgerolympiade"

Da hilft auch nicht Henkels Hoffnung auf den Zuschlag für „Spiele der neuen Bescheidenheit“. Zwar hat das IOC Reformen angekündigt, aber wer Thomas Bach hat Champagner trinken sehen in Sotschi mit Wladimir Putin, kann sich denken, was davon zu halten ist. Wer wäre zu begeistern von Bescheidenheit? Das IOC ganz sicher nicht. Olympia ist Kommerz, daran wird Berlin nichts ändern.

Wie unter diesen Umständen das Versprechen einer „Bürgerolympiade“ eingelöst werden kann, bleibt das Geheimnis des Senats. „Ideen, Bedenken und Wünsche“ sollen einfließen in den Bewerbungsprozess, über „neue Beteiligungsformate“. Welche das sind, wie sie eingesetzt werden, wie der „breite öffentliche Konsens“ ermittelt wird – alles offen. Der SPD-Fraktionschef hat eine Verfassungsänderung vorgeschlagen, die Debatte darüber fängt langsam an. Parallel läuft hektisch die Bewerbungsvorbereitung. Um im Bild zu bleiben: Das ist so, als wenn eine untrainierte Mannschaft spät startet und dann mittendrin anfängt zu diskutieren, ob sie überhaupt mitmachen soll. Nur um welchen Sport es sich dabei handelt, ist klar: Berliner Politik.

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