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Britischer Liberalen-Chef: Nick Clegg: „Etwas Spannendes hat begonnen“

Vor zwei Monaten war er unbekannter als das Rennpferd „Kauto Star“, nun ist Nick Clegg populärer als irgendein britischer Parteivorsitzender seit Churchill und seine Frau Miriam überlegt, ob sie ihren Job aufgeben soll, falls die Familie in die Downing Street Nummer 10 einzieht.

Alles nur, weil der 43-jährige Chef der britischen Liberaldemokraten bei der Kandidatendebatte am Donnerstag den Fernsehzuschauern in die Augen sah, eine wegwerfende Geste nach links zu den Parteiführern David Cameron und Gordon Brown machte und sagte: „Je mehr sie sich streiten, desto ähnlicher werden sie sich.“

Seit 1920 lagen die drei britischen Spitzenparteien nicht mehr so nahe beieinander. Cleggs Liberale sind in Umfragen an Labour vorbeigezogen und selbst die ausgefeiltesten Computerprogramme können nicht mehr vorhersagen, welche Sitzverhältnisse im Unterhaus daraus folgen würden. Seit 90 Jahren versuchen die Liberalen das LabourTory-Duopol zu durchbrechen. Nie waren sie dem Ziel so nahe. Wenn sie am 6. Mai ihre Sitzzahl verdoppeln, was durchaus wahrscheinlich ist, kann keine Regierung an Clegg vorbei gebildet werden – auch wenn er immer wieder betont: „Das britische Volk ist der Königsmacher, nicht ich.“

In der britischen Politik ist er ein Exot. Nie hat es einen so feurigen Pro-Europäer gegeben wie den Sohn eines halbrussischen Bankers und einer Holländerin, der die Tochter eines spanischen Senators heiratete und fünf Sprachen spricht. Wie Tory Cameron kommt Clegg aus einem Bankiershaus und besuchte eine Privatschule, die Londoner Westminster School. Er studierte in Cambridge und Brüssel und stand mit Filmstar Helena-Bonham Carter auf der Studentenbühne. Bevor er zur Uni ging, arbeitete er als Skilehrer. In einem peinlichen Interview mit einem Herrenmagazin enthüllte der Familienvater, er habe mit „nicht mehr als 30 Frauen“ geschlafen. Auch dass der 16-jährige Austauschschüler in München im Rausch die Kakteensammlung eines Botanikprofessors anzündete, macht ihn heute eher verlegen.

Auch politisch gibt es noch Fragen. Im Norden, wo die Tories schwach sind, kämpfen die Liberalen gegen Labour und werben mit höheren Steuern für Reiche. Im Süden kämpfen sie gegen die Tories und halten es eher mit Sparen und freier Schulwahl. Ist Cleggs Popularität eine Eintagsfliege, oder hat er mit dem Appell für eine „neue Politik“ einen Nerv getroffen? „Etwas spannendes hat begonnen“, glaubt er selbst.

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