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Bundeswehr: Standortschließungen sind bitter, aber richtig

31 Kommunen müssen Abschied von der Bundeswehr nehmen. Das ist traurig, aber notwendig. Bleibt dennoch die Frage, ob Thomas de Maizières neues Standortkonzept fachlich richtig ist.

Von Robert Birnbaum

Nichts ist umsonst, sagt der Volksmund. Beim Blick in Thomas de Maizières neues Standortkonzept für die Bundeswehr kann man nur sagen: Da hat er, der Volksmund, ganz recht. Vor Jahresfrist hat der Bundestag mit großem Aplomb die Wehrpflicht-Armee abgeschafft. Die Konsequenzen liegen nun auf 140 Seiten vor. Sie sind für viele bitter. Sparen kostet.

Das gilt beileibe nicht nur für die 31 Kommunen von Glücksburg bis Kaufbeuren, die Abschied von der Bundeswehr nehmen müssen. Viele weitere Standorte bleiben es bloß dem Namen nach. Ein großer Arbeitgeber geht – und mit ihm gehen die Menschen, die bisher eingekauft, gebaut, vereinsmeiert haben. Soldatenfamilien müssen Koffer packen, Karrieren enden.

Das alles ist traurig, doch unvermeidlich. Akzeptabel ist es trotzdem nur, wenn der Verteidigungsminister fachlich richtig und menschlich-politisch vertretbar Schicksal spielt. Dass de Maizière sich nicht vom Parteibuch des jeweiligen Ministerpräsidenten zu kleinen Gemeinheiten hat verleiten lassen, ist offensichtlich. Dass der Osten weniger stark blutet als der Westen, ist begründbar – nicht zuletzt deshalb, weil Ost-Kasernen meist neuer, also besser in Schuss sind als westliche Gemäuer.

Partei- und regionalpolitische Unwuchten sind auf den ersten Blick also nicht zu erkennen; dass einzelne Landespolitiker meckern, gehört zum Spiel. Bleibt die Frage, ob das alles fachlich richtig ist. Auch hier sind auf den ersten Blick grobe Schnitzer nicht zu erkennen. De Maizière nutzt – sichtbar vor allem auf der obersten Ebene der Streitkräfte-Kommandos – die Chance der Schrumpfung, ganze Bereiche zusammenzulegen, die nur noch aus historischen Gründen über die Republik verteilt waren. Das spart selbst im Zeitalter von Mail und Videokonferenzen viel Geld, Nerven und Wege.

Mit letzter Konsequenz verfolgt der Minister dieses Prinzip aber nicht. Täte er es, müsste die Standortkarte noch ganz anders aussehen – amerikanisch sozusagen, mit einigen wenigen Großstandorten. Aber der Bau solcher Soldatenstädte würde nicht nur Investitionen verlangen, die de Maizière schlicht nicht bezahlen könnte. Er widerspräche auch der, wenn man so will, bundesdeutschen Militärkultur. Die pflegt das Bild vom „Staatsbürger in Uniform“, vom bloß umständehalber waffentragenden Angestellten der Deutschland AG, der nebenan wohnt und beim TuS Kleckersdorf bolzt.

Der Staatsbürger im Ministerrang ist der Letzte, der dieses Bild beschädigen möchte. Die künftige Berufs- und Freiwilligenarmee ist strukturell ohnehin in Versuchung, sich gesellschaftlich abzukoppeln. De Maizières Entscheidung, dass die Bundeswehr in der Fläche präsent bleibt, hat ihm das politische Geschäft erleichtert, soll aber auch diese Bindungen unterstützen.

Das bedeutet, auf manche denkbare Einsparung und Synergie zu verzichten. Aber vielleicht ist das Bemerkenswerteste an diesem Standortkonzept dies: Die Unternehmensberater von McKinsey hätten es anders gemacht. Genau darum ist es wohl ziemlich richtig.

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