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Minus zwei Prozent: China wertete am Dienstag seinen Yuan ab.

© dpa

China und die Weltwirtschaft: Neues Katzenfutter

China wertet seine Währung ab – wird sich aber weiterhin an Deng Xiaopings saloppes Motto halten. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Henrik Mortsiefer

Das war kein Sack Reis, der da am Mittwoch in China umgefallen ist. Die chinesische Notenbank hat die Landeswährung Yuan ein weiteres Mal deutlich abgewertet – keine 24 Stunden nach ihrer ersten Intervention. Um die Exportgüter chinesischer Firmen auf dem Weltmarkt preiswerter zu machen und die heimische Wirtschaft damit anzukurbeln, sahen sich die Machthaber zu diesem Schritt gezwungen. Wie auf einem Seismografen waren danach die Erschütterungen an den Aktienmärkten in Tokio, Frankfurt und New York zu erkennen. Von „Chinasorgen“ ist plötzlich die Rede. Bald könnte daraus auch eine „Chinakrise“ werden.

"Neue Normalität"

Doch was kümmern uns die geldpolitischen Manöver in Peking? Sind unsere „Griechenlandsorgen“ nicht viel drängender? Die sensible Reaktion der Börsen zeigt, dass Peking plötzlich näher liegt als Athen. Man ahnt, dass hier ein ökonomisches System nicht rundläuft, das eben noch Motor der Weltwirtschaft war. China schien ein Wachstumsschlaraffenland nach der Finanzkrise zu sein. Jedes Jahr sieben Prozent mehr Wirtschaftsleistung – die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nahm auch durch die eiserne, kommunistische Führung keinen Schaden. Nach innen autoritär, nach außen wirtschaftsliberal – diese Mixtur ließ auch deutsche Exporteure, allen voran die Autohersteller, frohlocken. Selbst das Ende 2014 von Partei- und Staatschef Xi Jinping verkündete Credo von der „neuen Normalität“ verunsicherte nur die Pessimisten. Etwas weniger Wachstum in China? Kein Problem!

Doch inzwischen sind alle nervös geworden. Die Börse ist eingebrochen, der Export ebenfalls, die Konjunkturdaten sehen schlecht aus: Die Industrie produziert weniger, es wird weniger investiert, der Konsum sinkt. Zum ersten Mal nach einer Dekade des Booms schrumpft die auf Wachstum programmierte Wirtschaft. Und mit ihr schrumpfen die Profite der Konzerne, die viel Geld auf China gesetzt haben. Unternehmen wie etwa Volkswagen müssen sich nun fragen lassen, ob sie ihre Businesspläne zu leichtfertig, nämlich im Glauben an die ewige Stabilität Chinas, aufgestellt haben. Oder besser: Die Stabilität, die Xi Jinping nun mit staatlichen Eingriffen zu erhalten versucht, könnte sich gegen die westlichen Konzerne richten. Denn die KP weiß: Das Know-how und die Investitionen der Kapitalisten sind wichtig – überlebenswichtig aber ist der Machterhalt der KP.

Kein Beginn eines Währungskriegs

In diesem Spannungsfeld muss die Partei ein Paradox meistern: Je stärker sie die Kräfte (oder Schwächen) des Marktes stimuliert, desto nervöser werden die Marktteilnehmer. Je massiver sie den Yuan drückt, desto größer werden die Zweifel, ob dies ein Signal der Öffnung oder nicht vielmehr der Beginn eines Währungskriegs ist.

Am Ende dürfte wohl die Einsicht siegen, dass das Potenzial der chinesischen Wirtschaft zu groß ist – auch als innenpolitisches Lockmittel –, um es einer plumpen Reideologisierung zu opfern. Die KP muss ihr kapitalkommunistisches Wirtschaftsprogramm gar nicht neu schreiben. Pragmatismus brachte ihr schon Deng Xiaoping bei: „Egal, ob die Katze weiß oder schwarz ist, Hauptsache sie fängt Mäuse.“

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