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Darüber spricht ganz …: ...Amerika

Christoph von Marschall über Jesse Jacksons Derbheit im Blick auf Barack Obama.

Für den Republikanersender Fox war es ein gefundenes Fressen: Offiziell unterstützt der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson den schwarzen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama. Doch nun fing ein Fox-Mikrofon auf, wie Jackson im Zwiegespräch mit einem schwarzen Freund, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, über Obama herzog. Es lief darauf hinaus, dass er Obama gerne kastrieren würde, nur drückte es Jackson drastischer aus. Sein Vorwurf: Obama mache sich lieb Kind bei weißen Wählern, indem er „von oben herab“ über Afroamerikaner und ihre mangelnde Eigenverantwortung rede. Am Vatertag hatte Obama beklagt, dass schwarze Kinder in der Regel bei allein erziehenden Müttern aufwachsen. Zu den schlechten Schulleistungen Schwarzer sagt er, sie müssten gewiss mehr gefördert werden. Aber die Haltung, Lernen sei „typisch weiß“ und „uncool“ für Schwarze, nennt er inakzeptabel.

Die Aufregung über Jackson war groß, er entschuldigte sich wortreich. Dann nahm die Affäre zwei unerwartete Wendungen. Erstens empörte sich der Sohn, er heißt ebenfalls Jesse Jackson und gehört zu Obamas Team. Er sei „wütend und enttäuscht“ über seinen Vater. Zweitens äußerten Soziologen, die über die schwarze Minderheit forschen, die These, der Konflikt werde Obama vielleicht sogar nützen.

Der Vater-Sohn-Konflikt der zwei Jacksons ist typisch: Die ältere Generation ist in der kämpferischen Bürgerrechtsbewegung groß geworden. Sie sieht ihre Stellung durch Obamas Erfolg bedroht. Offiziell muss sie ihn unterstützen. Sein Einzug ins Weiße Haus würde den Kampf um die Gleichberechtigung symbolisch vollenden. Aber sie spürt: Obama ist der Gegenentwurf zu ihrem Kampfgeist. Sein Triumph als „netter Schwarzer“, der im System Karriere macht und die Weißen durch Charme und Überredung gewinnt, entwertet ihren Ansatz. Ihre Strategie war, dass Afroamerikaner rebellieren müssen, um Erfolg und Anerkennung zu finden. Die Zeiten, in denen Jackson senior den ungewählten Sprecher der Schwarzen gab und Politikern, insbesondere den Demokraten, drohen konnte, ihnen die Unterstützung einer wichtigen Wählergruppe zu entziehen, sind vorbei. So kommt es zu den unvermuteten Revolten in der alten Garde wie Jackson – oder wie Obamas langjähriger Pfarrer Jeremiah Wright, der Protagonist einer speziell schwarzen Befreiungstheologie. Sie wollen ihn siegen sehen, aber mit ihren Mitteln, nicht seinen. Es verletzt sie, dass er ihnen ihren Einfluss raubt. Viele Weiße finden Obama deshalb umso besser.

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