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Darüber spricht ganz …: …Großbritannien

Markus Hesselmann über das Hausgespenst von Premierminister Gordon Brown

Von Markus Hesselmann

Gordon Brown sieht Gespenster. Den britischen Premier verfolgt ein Geist aus der Vergangenheit: Tony Blair, sein Vorgänger und Lieblingsfeind. „Tony’s back to haunt Gordon“, titelt das Magazin „Spectator“, „Tony ist zurück, um Gordon heimzusuchen“ – er spukt herum, er verfolgt seinen Nachfolger, er lässt ihn nicht los.

Blair macht in diesen Tagen weniger mit seinem neuen Job als Vermittler im Nahen Osten als mit seiner Rolle als Ex-Premier Schlagzeilen. Erst streuen die „Blairites“, seine alten Gefolgsleute, von denen viele noch in der Regierung Brown sitzen, Kritik am neuen Labour-Premier. Blair sei unzufrieden mit Brown, hieß es unter Berufung auf „Vertraute“. Es fehle an „Vision“. Die nebulöse Kritik kam, nachdem Brown Wahlen in Aussicht gestellt, dann aber aufgrund schlechter Umfragen gekniffen hatte. Jetzt setzt sich Blair mit der Ankündigung seiner Memoiren selbst an die Spitze der Agenda. Er werde „frei heraus“ über seine spannungsgeladene Beziehung zu Brown schreiben, hieß es in der „Times“. Schaden wolle er dem Nachfolger freilich nicht. 7,5 Millionen Euro habe sich der Verlag Random House den Deal mit Blair kosten lassen. Und das alles, nachdem um das neueste Buch von Robert Harris, in dem viele so etwas wie eine fiktionale Biografie des früheren Premiers sehen, auch schon ein ordentliches Blair-Spektakel inszeniert worden war. Passender Titel: „Ghost“.

Da ist es wieder, das Bild vom kleinen Gordon, dem der große Tony die Schau stiehlt. Zehn Jahre war Blair Premier. Zehn Jahre musste Brown auf die Amtsübernahme warten – er, der einst als aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Partei- und Regierungschefs gegolten hatte, dann aber vom charismatischeren Blair verdrängt worden war. Die Ära New Labour wird als Ära Blair in den Geschichtsbüchern stehen. Wenn es Brown nicht gelingt, wenigstens eine Wahl zu gewinnen, wird er darin bestenfalls als Fußnote vorkommen. Da kann er selbst noch so fleißig sein und noch so viele Bücher schreiben. Seine in kurzer Folge veröffentlichten biografischen Sammelbände „Britische Helden des Alltags“ und „Mut – Acht Porträts“ wurden mit deutlich weniger Aufmerksamkeit bedacht als die Ankündigung der Autobiografie Blairs. Gut für Brown, dass Blairs Buch erst in ein paar Jahren erscheint. Entweder hat er es dann hinter sich, weil die Wahlen für Labour verloren gingen. Oder er hat gewonnen und sein großes Ziel, die Bestätigung durch die Wähler, erreicht. Dann ist ihm der Geist aus der Vergangenheit egal.

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