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Das All und wir: Vor Asteroiden gibt es keinen Schutz

Um Himmelskörper abzulenken, fehlt es an Technik und Geld. Wir müssen uns damit abfinden, dass solche Einschläge auch mit bester Technik nicht in jedem Fall vorhersagbar sind.

Das hat gesessen! Vor zwei Wochen zündete die Nasa die erste Stufe in Sachen Asteroiden-Begeisterung. „2012 DA14“, so wurde damals publik gemacht, komme uns verdammt nahe. Am 15. Februar sollte sich der 50-Meter-Brocken bis auf 28 000 Kilometer der Erde nähern. Mit jedem Tag wurde das schaurige Geisterbahngefühl weitergetrieben: Da saust etwas über unsere Köpfe hinweg! Aber keine Sorge, es kann nichts Schlimmes passieren. Medien machten ihre Beiträge, Menschen ihre Witze. Und dann, am Freitagmorgen, knallte es doch, über der Millionenstadt Tscheljabinsk.

Ein Gesteinsbrocken, mit 20 Metern Durchmesser etwas kleiner als 2012 DA14, kommt aus einer ganz anderen Richtung, wird von der Luft heftig abgebremst, dass es ihn zerfetzt. Eine Sprengkraft von 30 Hiroshimabomben, sagen Experten. Das kann sich zwar keiner vorstellen, aber die Videos hat jeder verstanden: Gegenstände wirbeln umher, Glasscherben fliegen messerscharf durch die Luft. So war es in Russland, doch es hätte auch in jedem anderen Land passieren können. Ein Wunder, dass es keine Todesopfer gab.

Keiner hatte die Gefahr kommen sehen. Wie aus dem Nichts jagte das Geschoss mit rund 65 000 Kilometern pro Stunde in die Atmosphäre und zeichnete eine Leuchtspur an den Himmel. Eine halbe Minute später zerbarst es in 20 Kilometern Höhe.

Die aktuelle Forderung nach einem Abwehrsystem ist verständlich, aber sinnlos. Die Flugbahn des Meteoriten lag nämlich ungünstig. Von der Erde aus gesehen befand er sich entweder nahe der Sonne, die ihn überstrahlte. Oder er flog so weit entfernt, dass ein dunkler Körper dieser Größe nicht auszumachen ist. Keine Chance auf Früherkennung.

Selbst wenn die Flugbahn besser gelegen hätte – Astronomen sind schon froh, wenn sie Asteroiden mit wenigen hundert Metern Durchmesser erkennen. Die sind groß genug, um wenigstens ein bisschen Licht zurückzuwerfen. 2012 DA14 mit 50 Metern ist etwa die untere Grenze dessen, was Teleskope aufspüren können.

Fast unnötig zu erwähnen, dass auf jeden registrierten Asteroiden dieser Größe vermutlich hunderte kommen, die noch keiner erfasst hat – und von denen einige wahrscheinlich niemals entdeckt werden. Immerhin handelt es sich dabei um eine Klasse von Asteroiden, die ganze Großstädte in ihren Grundfesten erschüttern können. Wir müssen uns damit abfinden, dass solche Einschläge auch mit bester Technik nicht in jedem Fall vorhersagbar sind. Wie so oft gilt: Ein Restrisiko bleibt.

Für erfasste Crashkandidaten stellt sich vor allem die Frage, wie viel Zeit bis zum Einschlag bleibt. Je mehr, desto besser. Umso genauer lässt sich das Gefährdungsgebiet umreißen, umso schneller können Hilfskräfte in Bereitschaft versetzt und umso mehr Menschen gewarnt werden. Darum sind Investitionen in ein Weltraumüberwachungssystem (das uns übrigens auch vor Sonnenstürmen und abstürzendem Raumfahrtschrott warnen kann) sinnvoll. Aber auch hier gilt es Maß zu halten. Etwa einmal pro Jahrhundert geht ein 50-Meter-Geschoss auf die Erde nieder, kleinere Objekte etwas häufiger. Es ist wahrscheinlicher, dass sie in einen Ozean oder eine Wüste stürzen als in eine Metropole. Denn Ballungsgebiete nehmen nur einen kleinen Teil der Erdoberfläche ein. Die Gefahr aus dem All ist für sie eine vergleichsweise geringe. Allerdings lässt sie sich auch nicht weiter verringern.

Spektakuläre Rettungsmissionen, bei denen Brocken gesprengt oder auf einen anderen Kurs gebracht werden, werden wohl noch sehr lange eine Utopie bleiben. Das liegt nicht nur an der fehlenden Technik. Es beginnt bereits mit der Frage, wer diese kostspielige Mission bezahlt, wer das finale technische Konzept festlegt, das unbedingt erfolgreich sein muss. Wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass der menschliche Eingriff die Gefahr bannt – und nicht etwa den Asteroiden erst recht zur Erde hin lenkt?

Es sind Zweifel angebracht, ob die Menschheit wirklich gemeinsam gegen eine Bedrohung von oben vorgehen wird. Bei irdischen Problemen schafft sie es doch auch nicht.

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