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Meinung: Das bisschen Wirtschaft

Die Kanzlerin demontiert geschickt die Spitzenverbände der deutschen Arbeitgeber

So viel Chaos war selten an der Spitze der deutschen Verbände. Die Führungskrise des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) wird durch die Verlängerung der Amtszeit derjenigen beendet, die die Krise ausgelöst haben. Und die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) hampelt in Gestalt ihres Hauptgeschäftsführers Reinhard Göhner wie ferngesteuert über die Szene der politischen Lobbyisten. Wer zieht hier eigentlich die Fäden? Degradiert die Unionskanzlerin Angela Merkel die Wirtschaftsverbände in eine Beobachterrolle, so wie es ihr sozialdemokratischer Vorgänger mit den Gewerkschaften getan hat? Vielleicht ist aber auch nur Reinhard Göhner völlig durch den Wind.

Seit zehn Jahren führt Göhner souverän die Geschäfte des Arbeitgeberverbandes. Trotz Bundestagsmandat. Dass der Diener zweier Herren, den einen (CDU) oder anderen (BDA) in all den Jahren nicht zufriedengestellt hätte, hat noch keiner behauptet. Dennoch wollte Göhner für den aktuellen Bundestag nicht mehr kandidieren. Aber der Westfale ließ sich vor einem Jahr von der Partei und seiner Vorsitzenden breitschlagen und machte als Abgeordneter weiter. Obwohl ihm, so sagt Göhner heute, schon damals klar war, „dass die Doppelbelastung über die Legislatur hinaus nicht verkraftbar ist“. Warum war sie das bloß in den vielen Jahre zuvor?

Des Rätsels Lösung liegt im Verhältnis Göhners zu Merkel. Am Sonntag hatte die Bundeskanzlerin gesagt, „auf Dauer“ vertrügen sich „herausgehobene Stellungen nicht mit einem Bundestagsmandat“. Am Montag verkündete Göhner, er sei auch dieser Meinung. Da staunt man doch sehr nach dem Sommertheater um den damals designierten BDI-Hauptgeschäftsführer Norbert Röttgen, in dem auch Göhner auftrat: Als Lobbyist in eigener Sache; gemeinsam mit Arbeitgeberpräsident Hundt verteidigte er die Doppelrolle. Ein paar Tage später spricht Merkel anders und Göhner dreht bei. Wie soll der Mann gegenüber der Bundeskanzlerin die Interessen der Wirtschaft vertreten?

Göhner ist ebenso schlau wie ehrgeizig und hat sich vermutlich etwas bei diesem Kotau gedacht. Staatssekretär war er schon mal, Minister wäre er gerne. Am besten Wirtschaftsminister. Dem derzeitigen Amtsinhaber kann er jedenfalls das Wasser reichen.

Göhners persönliches Kalkül ist das eine, die Verfassung der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände das andere. Wegen Göhner ist die BDA nun doch noch in den BDI-Krisenstrudel gezogen worden. Hat sich ziehen lassen von Merkel. Und das in einer Situation, in der die Wirtschaft und ihre Verbände fast sprachlos sind vor Empörung über die Politik „ihrer“ Bundeskanzlerin. Die kann derweil den Urlaub genießen. In den nächsten Monaten hat sie von den Spitzenverbänden der Wirtschaft nichts zu befürchten.

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