zum Hauptinhalt

Bildungspaket: Das Prekariat will Cash

Das Bildungspaket von Ursula von der Leyen floppt. Vor allem in den Großstädten nutzt kaum einer das Angebot. Die Ministerin meint: Alles nur eine Frage der Zeit. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass die Empfänger schlicht kein Interesse an den Leistungen haben.

Von Caroline Fetscher

All die Armen, die das Bildungspaket für ihren Nachwuchs gar nicht aufschnüren wollen, was ist mit ihnen? Es scheint, als haben sie sich gegen Ursula von der Leyen verschworen. Deren mit Aplomb angekündigtes Förderprogramm für bedürftige Kinder erweist sich bisher als Riesenreinfall. In den Großstädten, so geben die Ämter an, haben sich 97, 5 Prozent aller Eltern der zweieinhalb Millionen Mädchen und Jungen, die Anspruch auf ihren Teil des Hartz-IV-Bildungspakets hätten, überhaupt nicht gerührt. Nur noch bis Ende April können sie ihre Anträge einreichen. In Köln klopften von 56 000 Berechtigten 300 beim Amt an und zeigten Interesse an Gutscheinen für Mittagessen in der Schule, Sport- und Musikvereine oder Nachhilfe. Ministerin von der Leyen wiegelt ab. Das Angebot müsse, meint sie, sich bei der Zielgruppe erst herumsprechen.

Für einige mag das stimmen. Aber arme Leute sind ja kein Gran dümmer als der Durchschnitt der Gesellschaft. Wie finanzielle Vorteile zu ergattern sind – Befreiung von Fernsehgebühren, Wohngeld, Lohnaufstockung – das spricht sich in Windeseile herum. Bargeld ist begehrt, es ist umsetzbar in Konsum, in Fernseher, Mobiltelefone, Alkohol. Auf rührende Weise spricht es für die politische Kaste, wenn sie annimmt, alle wollten so viel wie möglich für die eignen Söhne und Töchter tun. Auf erschreckende Weise spricht es gegen ihre Realitätstauglichkeit, wie wenig Ahnung sie vom Kontinent der Bildungsferne besitzen, auf dem neue Fertigkeiten oft sogar Furcht vor der Entfremdung des Kindes von Clan und Familie wecken. Dass die Schulpflicht einst per Zwang eingeführt werden musste, lag an Eltern, die ihre Kinder lieber Lohnarbeit leisten lassen und verhindern wollten, dass sie sich „für was Besseres halten“. Tatsächlich gibt es auch heute in Hunderttausenden von Fällen nur einen Ort, an dem Angebote für Kinder Früchte tragen: Die Schulen und Kitas. Dort, und nur dort, wären die Milliarden der Ministerin gut investiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false