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Angela Merkel und Horst Seehofer lächeln sich beim Bundesparteitag im Dezember 2012 auf dem Podium an.

© dpa

Wahlprogramm von CDU und CSU: Das Programm der Merkel-Parteien ist ein Wattebausch

Was CDU und CSU am Sonntag beschließen wollen, lässt praktisch alles beim Alten. Kontinuität ist Programm. Das lässt den Konservativen alle Optionen - auch bei der Wahl des Koalitionspartners.

Von Robert Birnbaum

Wenn Parteien in den Wahlkampf ziehen, schwingt unter ihrer aktuellen Kernbotschaft ein immer gleicher Unterton mit. Bei der Union hat Konrad Adenauer 1957 die Melodie vorgegeben: „Keine Experimente!“ Man könnte das, wenn es nicht so unzeitgemäß entschlossen klänge, als Motto auch über das Wahlprogramm für 2013 schreiben.

Denn was CDU und CSU am kommenden Sonntag beschließen wollen, rüttelt nicht an Strukturen, wie Angela Merkels legendäres erstes Wahlprogramm von 2005. Es vermerkt die Umbrüche in der Welt in sanft beruhigendem Ton. Es bedient nicht einmal die üblichen Gassenhauer-Themen, mit denen Unionspolitiker seit alters auf Marktplätzen Beifall einheimsen – fast entschuldigend liest sich der Satz, eine EU-Mitgliedschaft der Türkei lehne man ab, weil sie die Voraussetzungen nicht erfülle.

Dieses Wattebausch-Programm tut vielen wohl und keinem weh. Das wirkt logisch aus der Sicht zweier Parteien, deren zentrales Wahlversprechen die Kontinuität ist: Horst Seehofer will bestätigt werden, die Kanzlerin sowieso, und beide als gütige Landesvater respektive -mutter und nicht als kantige Parteipolitiker.

Schwarz-gelb ist das Programm allerdings nicht

Die weiche Programmatik hat noch einen zweiten, viel interessanteren Aspekt: Sie lässt denen, die damit eine Regierung bilden sollen, alle Freiheit. Das gilt zum einen für die Freiheit der Koalition. Die Union lässt sich nicht dabei ertappen, dass sie SPD oder Grünen direkte Avancen machen würde. Sie verurteilt sogar in höflichem Ton deren Pläne für höhere Steuern. Aber entschlossen schwarz- gelb – falls es das überhaupt noch gibt – ist das Programm auch nicht.

Vor allem aber gilt es für die Freiheit des Regierens. Die Kanzlerin Merkel, wenn sie es denn bleibt, lädt sich mit diesem „Regierungsprogramm“ sehr leichte Last auf die Schultern. Alles Konkrete steht unter Finanzierungsvorbehalt und zusätzlich dem stillen Vorbehalt der Durchsetzbarkeit – sei es gegen Koalitionspartner, sei es gegen den auf absehbare Zeit rot-grün dominierten Bundesrat.

Die Erfahrung der vergangenen vier Jahre, dass CDU und CSU als Parteien der Wehrpflicht, der Atomkraft und der traditionellen Familie antraten und als Parteien der Profi-Armee, der Windmühlen und des Homo-Ehegattensplittings herauskamen – diese verstörende Erfahrung droht in vier Jahren nicht. Sie gehen schon so in die Wahl rein, dass hinterher keiner enttäuscht sein kann. Sie enttäuschen höchstens jetzt schon jene Truppenteile, die ihre Partei noch als Kampfverband verstehen.

Damit fokussiert sich das Angebot der Union an den Wähler auf eine scheinbar einfache Frage: Wollt ihr mehr Merkel wagen? Gegen mehr Merkel, darauf weisen die Umfragen hin, hätten die meisten Deutschen nichts. Die Alternative ist ja auch so dolle nicht. Dass mehr Merkel ein Wagnis bedeuten könnte, ist den Leuten vermutlich weniger bewusst. Dabei ist es einfach zu erkennen: Bei Merkel weiß man, was man hat. Aber das heißt noch nicht, dass man auch weiß, was man kriegt.

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