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Meinung: Das rote Rätsel

Nordkorea will bessere Beziehungen zu den USA – und stellt sich dabei mehr als ungeschickt an

Von Harald Maass

Seit Jahren bemüht sich das Regime in Pjöngjang um ein besseres Verhältnis zum ehemaligen Kriegsgegner USA. Ausgerechnet jetzt, als US-Außenminister Colin Powell auf einer Konferenz in Brunei erstmals seinen nordkoreanischen Amtskollegen empfing, veröffentlichte die Parteizeitung „Rodong Shinbun“ einen Kommentar zur US-Politik. In einer wüsten Attacke bezeichnete das Blatt die Bush-Regierung als „König des Bösen“. Unglücklicher kann man im Umgang mit Washington kaum agieren.

Das rote Regime in Pjöngjang gibt wieder Rätsel auf. Da war die Hochseeattacke Ende Juni: Am letzten Wochenende der Fußball-WM, als die ganze Welt nach Südkorea und Japan schaute, versenkte die nordkoreanische Marine ein südkoreanisches Militärboot. So überraschend wie der Angriff kam nun aus Pjöngjang die Entschuldigung. Plötzlich ist es Nordkorea, das auf Entspannungsgespräche drängt. Von Wirtschaftsreformen, die vor zwanzig Jahren Chinas Öffnung einleiteten, ist Nordkorea aber weit entfernt.

Die neusten Signale zeigen jedoch eines: das verkrustete System ist in Bewegung. Jetzt muss der Westen die Veränderungen nutzen. Allen voran die USA: Seit seinem Amtsantritt verfolgte Präsident George W. Bush eine Konfrontationspolitik. Dass aber auch Engagement-Politik möglich ist, zeigt die Erfahrung der EU: Im vergangenen Jahr eröffneten Deutschland und andere EU-Staaten Botschaften in Pjöngjang und bauten Kontakte auf. Pjöngjangs Führung glaubt, die Lösung liege bei den USA. So unrecht hat sie nicht: Ein Ende des US-Handelsembargo könnte die marode Wirtschaft beleben.

Noch wichtiger ist die politische Anerkennung. Bei einer Besserung der Beziehung zu den USA brauchte Pjöngjang nicht mehr um sein Existenzrecht zu fürchten. Es könnte gleichberechtigt mit dem wirtschaftlich und politisch etablierten Südkorea verhandeln.

Soweit die Theorie. In der Praxis ist Entspannung in weiter Ferne. Nordkorea ist eine der schlimmsten Diktaturen der Erde. Aber gerade weil es die Stabilität in Asien gefährdet, müssen die USA Gespräche führen. Nordkorea mag in seiner Außenpolitik gefährlich ungeschickt sein, unberechenbar ist es nicht. Die Atomversuche sind dem bankrotten Regime Druckmittel, um von Südkorea und dem Westen Energielieferungen zu erpressen. Hinter Pjöngjangs Waffengeschäften steckt Devisenmangel. Über beides kann man verhandeln. Nordkorea ist ein Regime, das um sein Überleben kämpft. Um eine Öffnung voranzutreiben, braucht es Dialog.

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