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Meinung: „Das Volk soll entscheiden“

Er ist ein Sieger mit Problemen. Er hat die Wahl gewonnen.

Von Markus Hesselmann

Er ist ein Sieger mit Problemen. Er hat die Wahl gewonnen. Doch er weiß nicht, ob ihm das auch weiterhilft. Alex Salmond, der Chef der „Scottish National Party“ (SNP), brachte dem britischen Premierminister Tony Blair eine historische Niederlage bei. Die traditionelle Labour-Hochburg Schottland ist gefallen. Doch Salmond kann sich nicht sicher sein, ob er auch regieren darf. Damit steht und fällt ein wichtiges Ziel der SNP: Bis 2010 plant die Partei ein Referendum über Schottlands Unabhängigkeit,

Nach den schottischen Regionalwahlen sind die Nationalisten – angesiedelt links von der Mitte – die stärkste Partei im Parlament in Edinburgh. Mit einem Sitz Vorsprung gegenüber Labour. Der ambitionierte SNP-Chef muss sich Koalitionspartner suchen. Labour scheidet aus, zu sehr haben sich die beiden Hauptkontrahenten im Wahlkampf zu Feindbildern stilisiert. Die SNP punktete mit Fundamentalkritik an Blair und nutzte dessen Popularitätstief gnadenlos aus. „Tony Blair ist unser größter Aktivposten“, sagte Salmond über den Premier, der in dieser Woche den Termin seines Rücktritts bekannt geben will. Labour stellte die schottischen Nationalisten als separatistische Teufel dar, deren Machtübernahme den wirtschaftlichen Niedergang Schottlands zur Folge haben würde.

Bleiben die Liberaldemokraten als Koalitionspartner. Ihr Programm verschwimmt aber meist im Konturlosen – außer in einer Frage: Sie lehnen die Unabhängigkeit Schottlands ab. Einem Referendum wollen sie auf keinem Fall zustimmen. Doch Salmond weiß sich anzupassen. Schon im Wahlkampf eierte er bei diesem Thema herum. „Die Unabhängigkeit ist der rote Faden unserer Kampagne“, sagte er. „Das Volk soll entscheiden.“ Dann stellte er Überlegungen an, denen zufolge Schottland nach ein paar Jahren der Unabhängigkeit dem Vereinigten Königreich ja wieder beitreten könne. Der SNP-Chef weiß, dass selbst die Anhänger seiner Partei nicht sämtlich für die Unabhängigkeit sind.

Jetzt ist Salmond wieder hin- und hergerissen. „Wir machen es alleine“, ist das eine Signal, das auf eine Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten hindeutet. „Lasst uns jetzt zusammen regieren und später über die Unabhängigkeit sprechen“, legt er den Liberaldemokraten ein anderes Mal nahe. Wenn Salmond wirklich schottischer Regierungschef werden will, muss er sich von seinem Separatistentraum wohl verabschieden. Sonst wird der große Sieger zum historischen Verlierer.

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