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Meinung: Datenschutz für Mörder

Viele haben kein gutes Gefühl, wenn sie sich von Videokameras beobachtet wissen. Deutsche haben den Staat, wenn es um Polizeirechte und Überwachung geht, vergangenheitsbedingt lieber schwächer als Briten oder Amerikaner.

Viele haben kein gutes Gefühl, wenn sie sich von Videokameras beobachtet wissen. Deutsche haben den Staat, wenn es um Polizeirechte und Überwachung geht, vergangenheitsbedingt lieber schwächer als Briten oder Amerikaner. Das führt zu einem Widerspruch. Der ist immer dann besonders eklatant, wenn das Recht am gelöschten eigenen Bild unbedeutend wirkt gegenüber dem Recht einer anderen Person auf körperliche Unversehrtheit. Wie prekär das Verhältnis von Datenschutz und Kriminalitätsbekämpfung ist, zeigt zum Beispiel der Mord an einem jungen Mann in einem Berliner Bus. Wäre es üblich, dass die im Bus aufgezeichneten Bilder 24 Stunden und nicht nur fünf oder sechs Minuten erhalten bleiben – der Messerstecher hätte keine Chance, unterzutauchen. Keine Kamera kann einen Mord im Affekt verhindern. Aber sie kann abschrecken. In Berlin allerdings gilt der Datenschützer als Polizeistaatverhüter. Vor kurzem floh ein Sexualstraftäter aus dem Maßregelvollzug – datenschutzbedingt lieferten die Videokameras Mangelware. Jetzt ist es wieder das Gleiche. Im Streit über die Videoüberwachung müsste es weniger um Verfolgungswahn gehen und mehr um Effektivität. wvb.

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