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Die deutsche Gesellschaft altert - aber ist das wirklich so schlimm?

© dpa

Demografie: Juchhe, wir schrumpfen!

Der demografische Wandel wird oft mit Schrecken verfolgt, dabei ist er auch eine Chance – wenn man sie nur endlich ergreift.

Wir altern und schrumpfen, so viel steht fest. 2060 wird es bis zu 17 Millionen Deutsche weniger geben und jeder Dritte könnte dann 65 Jahre alt sein oder älter. Darüber wird viel lamentiert. Es wird auch permanent nachgerechnet, ob sich das Älterwerden und Schrumpfen auch tatsächlich so vollzieht wie prophezeit. Es gibt Statistiken, jede Menge Strategien und Konzepte, es gibt Tagungen und seit Donnerstag auch einen Demografiegipfel der Bundesregierung.

Regelmäßig lädt die Bundesregierung auch zum Bildungsgipfel und zum Integrationsgipfel ein. So werden Statistiken, Problemlagen und Lösungen sortiert und auf verschiedene Schubladen verteilt. Gewonnen ist dadurch wenig. Das Leben lässt sich schlecht schubladisieren, der Mensch ist eine komplexe Persönlichkeit, was im Alter aus ihm wird, hängt mit seiner Herkunft zusammen und natürlich mit seiner Ausbildung. Die demografische Entwicklung und die Auswirkungen auf Sozialsysteme und Arbeitswelt lassen sich nicht abspalten von Integrations- und Bildungsfragen. Dass der Demografiegipfel nun Ursachen und Konsequenzen zusammendenken will, ist gut, sollte aber längst selbstverständlich sein.

Es könnte weiterhelfen, wenn die Veränderung der Gesellschaft nicht als Verlustgeschichte erzählt wird, nicht als Folge von Abbrüchen. Wer lebt schon gerne in einer „verwaisten“ Landschaft oder in einer Gesellschaft, in der es bröckelt oder die sich „abschafft“? Einen neuen Aufbruch, Lust am Kinderkriegen, Studieren und Weiterentwickeln erzeugt man so nicht.

Der demografische Wandel hat ja durchaus auch jetzt schon Positives bewirkt. Das Elterngeld gäbe es nicht ohne die Sorge vor dem Aussterben, wohl auch nicht die Bemühungen, die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie für Mütter und Väter zu erleichtern. Gerade für die Frauen ist die Bevölkerungsentwicklung eine große Chance, denn selten zuvor war ihre Arbeitskraft so wertvoll wie heute. Das gilt auch für Migranten und deren Nachwuchs. Es ist ja nicht so, dass es in Deutschland keine Kinder mehr gäbe. Doch die haben immer häufiger türkische, polnische oder palästinensische Wurzeln und gehen in den sozialen Brennpunkten in Kreuzberg, Oberhausen oder München-Hasenbergl zur Schule. Statt zu hoffen, man könne den Fachkräftemangel mit neuen Zuwanderern aus dem Ausland ausgleichen, könnte man in diese Kinder hier im Land investieren und in ihre Schulen so viel Geld, Lehrer und Sozialarbeiter stecken, dass jedes Kind die Förderung erhält, die es braucht. Konzepte dafür gibt es genug. Die werden regelmäßig auf Bildungs- und Integrationsgipfeln diskutiert. Mehr Gipfeltreffen braucht es nicht, aber jemanden, der all die schönen Konzepte umsetzt.

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