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Meinung: Demokratie kann man nicht essen

Nach den Wahlen fängt die Arbeit im Kongo erst richtig an

Von Christoph van Edig In der deutschen Öffentlichkeit konzentriert sich die Debatte um den Kongo derzeit sehr auf den Einsatz deutscher Soldaten in dem afrikanischen Land. Und kaum jemand macht sich die Mühe, zu fragen, was die Kongolesinnen und Kongolesen eigentlich derzeit am meisten bewegt. Dabei sind sie es, um deren Zukunft es bei dem internationalen Einsatz maßgeblich geht.

Die anstehenden Wahlen sind natürlich ein wichtiges Thema für die kongolesischen Bürgerinnen und Bürger. Aber gerade außerhalb der Großstädte geht es den Menschen um viel elementarere Dinge. Sie wünschen sich nichts sehnlicher als Sicherheit und Frieden. Das kann man sich als Europäer gar nicht vorstellen, was es bedeutet, ständig auf der Flucht sein zu müssen oder was es heißt, wochen- oder monatelang im Wald ausharren zu müssen ohne Nahrungsmittel und medizinische Versorgung.

Für uns Europäer sind die Wahlen ein zentrales Thema, vor allem, weil die Bundeswehr involviert ist. Für viele Kongolesinnen und Kongolesen ist die Wahl wichtig, weil sie damit die Hoffnung auf eine bessere Zukunft verbinden. Aber man darf nicht vergessen, dass es für viele Menschen in erster Linie immer noch um das nackte Überleben geht.

Der militärische Einsatz ist momentan wichtig, aber für den Kongo beschreibt er hoffentlich nur eine kurze Übergangszeit. Wir arbeiten seit längerer Zeit mit einheimischen Partnerorganisationen zusammen, und für uns ist die Zeit nach der Wahl die eigentliche Herausforderung. Die wichtigsten Aufgaben sind dann der infrastrukturelle, soziale und wirtschaftliche Wiederaufbau des Landes, das durch den Bürgerkrieg nahezu am Boden liegt. Dazu gehören Straßenbau, Aufbau und Wiederinbetriebnahme der Gesundheitsversorgung, Konflikt- und Traumaarbeit mit Kriegsopfern und Flüchtlingen, Bildungsinitiativen und Korruptionsbekämpfung.

Ein sehr wichtiges Anliegen ist der Aufbau von Transparenz- und Kontrollmechanismen bei der Rohstoffförderung, damit dessen Erlöse die anstehenden Wiederaufbauprozesse irgendwann finanzieren können. Wir unterstützen unsere kongolesischen Partnerorganisationen bei der Realisierung dieser Vorhaben, bei der Planung, der Finanzierung und der Durchführung von Projekten. Auch andere deutsche Hilfsorganisationen, wie „Brot für die Welt“, die Deutsche Welthungerhilfe und medico international, die mit uns im „Bündnis Entwicklung hilft“ zusammenarbeiten, sind im Kongo schon lange über Partnerorganisationen aktiv, um jetzt und nach den Wahlen den Wiederaufbau zu begleiten. Die Wahlen sind ein unerlässlicher erster Schritt, aber die eigentliche Arbeit beginnt erst hinterher.

Die deutsche Öffentlichkeit muss über die Situation, die Hintergründe und die europäische Verantwortung für den Kongo aufgeklärt werden. Nur so können die Menschen hierzulande begreifen, was sich im Kongo abspielt. Viele Kongolesen und Kongolesinnen arbeiten sehr hart und mit viel Engagement daran, die Situation in ihrem Land dauerhaft zu verbessern. Sie haben unsere Unterstützung verdient, damit sie diesen Kampf für ein menschenwürdiges Leben im Kongo gewinnen.

Helfen können auch deutsche Bürgerinnen und Bürger durch Spenden, mit denen unsere kongolesischen Partnerorganisationen die von ihnen definierten und gesteuerten mittelfristigen und längerfristigen Aufbau-, Gesundheits-, und Bildungsprojekte durchführen. Dies ist die eine Seite. Wichtig ist aber auf der anderen Seite auch der öffentliche Diskurs in der deutschen Gesellschaft. Jeder kann dazu beitragen, den Kongo zum Dauerthema und somit zu einem wichtigen Anliegen unserer Gesellschaft zu machen.

Der Autor ist Leiter des Misereor-Büros in Kinshasa.

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