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Alles Handwerk. Die Renovierung einer Kirchenorgel kann bis zu 100.000 Euro kosten.

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Der "Reichtum" der Kirchen: Dagobert im Talar? Das ist eine Mär!

„Der Staat alimentiert Religionen“ - das ist ebenso richtig wie die Schlagzeile: „Staat unterstützt Ausbreitung des Atheismus“. Im neuen Kirchenstreit, aus Anlass des Limburger Bischofs, sollten die Proportionen gewahrt bleiben.

Wenn böser Wille sich mit Ahnungslosigkeit paart, werden Ressentiments gezeugt. Weil der Bischof von Limburg seine Residenz etwas feudaler gestaltet hat als angemessen und üblich, blühen plötzlich Legenden über den sagenhaften Reichtum der beiden christlichen Volkskirchen. Dagobert Duck in Soutane und Talar gewissermaßen. Dabei wird auf der Habenseite gern maßlos übertrieben, was völlig fehlt, ist die Ausgabenseite. Dass die Renovierung einer Kirchenorgel durchaus 100.000 Euro kosten kann, weiß kaum einer. Allein die Heizkosten für Kirchenbauten sind exorbitant. Fast jede Kirchengemeinde ächzt unter Sparvorgaben. Der einzige Lichtblick sind die derzeit relativ hohen Kirchensteuereinnahmen – trotz weiterhin rückläufiger Kirchenmitgliedschaften. Der guten Beschäftigungslage sei Dank.

Und was ist mit all den staatlichen Zuschüssen, für Religionslehrer etwa und Konfessionsschulen? Da wollen wir Kirche, Moschee und Synagoge doch mal im Dorf lassen. Durch konfessionelle Schulen spart der Steuerzahler Geld! Öffentliche Schulen kosten im Jahr rund 5000 Euro pro Schüler. Kinder an Privatschulen werden hingegen mit rund 3800 Euro unterstützt. Das macht, wie das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ausgerechnet hat, 870 Millionen Euro jedes Jahr, die die öffentliche Hand durch die Existenz von Privatschulen spart. Zu denen zählen konfessionelle Schulen zweifelsfrei hinzu.

Dann zu den Religionslehrern. Ja, es stimmt, der Staat übernimmt 90 Prozent der Personalkosten. Aber er übernimmt auch 90 Prozent der Personalkosten für die rund 350 Lehrer, die allein in Berlin das Fach Lebenskunde unterrichten. Ein Drittel dieser Lehrkräfte ist direkt beim Humanistischen Verband beschäftigt, der regelmäßig eine Erhöhung der staatlichen Zuwendungen verlangt und vor einer Gefährdung des Bekenntnisunterrichts warnt. Die Schlagzeile „Staat alimentiert die Religionen“ ist ebenso richtig wie die Schlagzeile „Staat unterstützt Ausbreitung des Atheismus“. Man kann nicht über das eine reden und das andere unterschlagen.

Völlerei und Prasserei im Namen der Kirche verbieten sich. Goldene Armaturen und aufwändige Intarsienarbeiten sind unzeitgemäß und verschwenderisch. Aber der unheilige Zorn über solches Gebaren sollte wirkliches Gemeindeleben nicht ausblenden. Proportionen gehören gewahrt. Sonst entlarven sich viele Spötter am Ende nur als lustvolle Eiferer wider den Herrn.

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