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Meinung: Der unnötige Feldherr

Nach dem Bericht zum Libanon-Krieg ist Israels Premier Olmert nicht mehr zu halten

Ehud Olmert sollte zurücktreten. Der Zwischenbericht des von ihm selbst eingesetzten Untersuchungsausschusses zum Libanon-Krieg ist für ihn noch verheerender ausgefallen als für die übrige Regierungs- und Armeespitze: Allen wird Versagen vorgeworfen, Olmert wird eindeutig schuldig gesprochen.

Doch da der Ausschuss im Gegensatz zu einer unabhängigen staatlichen Untersuchungskommission keine verbindliche Rücktrittsforderung aussprechen kann, erhält Olmert eine Gnadenfrist. Diese läuft mit dem Schlussbericht Ende August ab. Danach ist er auch für seine Partei und Koalitionspartner praktisch untragbar.

Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass der unpopulärste Regierungschef aller Zeiten – er führt sein Amt mit keinen drei Prozent Zustimmung – schon vorher abgelöst wird, sei es durch Proteste der Bevölkerung oder seine politischen „Freunde“ und Gegner. Ganz sicher wird Verteidigungsminister und Arbeitsparteichef Amir Perez – laut Bericht ein fast so großer Versager wie Olmert – am Monatsende von seiner eigenen Partei aller Ämter enthoben.

Olmert und Perez kann also nichts mehr retten. Auch nicht ein von den Palästinensern befürchteter Großangriff auf den vor Raketen strotzenden Gazastreifen. Und selbst eine mutige politische Initiative – zum Beispiel der Versuch, Verhandlungen mit den Palästinensern, den Syrern, der gesamten arabischen Welt aufzunehmen – würde das politische Leben des Regierungschefs höchstens noch etwas verlängern. Mehr nicht.

Israel, aber auch die Palästinenser und der gesamte Nahe Osten sollten sich deshalb schon jetzt auf die Zeit nach Olmert einstellen. Auch wenn jetzt ein Taktieren einsetzen dürfte, das so typisch ist für so viele israelische Politiker, die mehr um ihr Amt fürchten als dass sie sich um die Zukunft der Bevölkerung und des Staates kümmern.

Der letztlich unnötige und missglückte Libanon-Krieg – ein relativ kurzer Vergeltungsschlag hätte nach heute allgemein verbreiteter Meinung genügt – hat tiefe Wunden in der israelischen Gesellschaft geschlagen. Er droht gar, falls Olmert seine eigene Leidenszeit verlängerte, zum nationalen Trauma zu werden. Der Untersuchungsausschuss hat die auf israelischer Seite Schuldigen benannt. Sie werden die Konsequenzen tragen müssen.

Doch die eigentlichen Verursacher der Kämpfe, jene, die die kriegerische Konfrontation bewusst gesucht haben, sind auf der Gegenseite zu suchen: Die Hisbollah unter Scheich Nasrallah und ihre Unterstützer, die Israels „Verschwinden von der Landkarte“ fordern – der Iran und Syrien.

Sie werden nicht nur nicht bestraft: Sie jubeln lautstark über das beispielhafte demokratische und rechtsstaatliche Vorgehen Israels gegen die eigene Führung – und fühlen sich mehr denn je als Sieger eines Krieges, der auf beiden Seiten vor allem zivile Opfer gefordert hat.

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