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Am 6. November geht es in den USA nicht nur ums Weiße Haus. Auch im US-Kongress wird die Macht neu verteilt.

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US-Wahl: Der unsichtbare Dritte

Bei der Wahl in den USA geht es nicht nur um das Weiße Haus. Auch der Kongress wird neu besetzt. Vor allem dessen zweite Kammer - der Senat - ist ein mächtiger Vetospieler.

Bei keiner anderen Wahl fiebern mehr Menschen mit. Amerika hat noch immer eine Sonderstellung in der Welt. Man muss Barack Obamas Behauptung nicht teilen, dies sei die wichtigste Wahl in einer ganzen Generation. Weitreichende Folgen kann sie durchaus haben. Sie betreffen nicht primär die Außenpolitik. Obama und Mitt Romney sind beide keine Ideologen und werden nicht unbedarft neue Kriege riskieren. Sie sind Pragmatiker, die Amerikas Interessen nüchtern analysieren.

Die großen Unterschiede liegen vielmehr in der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Die hängt freilich nicht allein vom Ausgang des Rennens um das Weiße Haus ab. Der Präsident ist kein Diktator. Er muss gemeinsam mit dem Kongress regieren. Auch der wird am Dienstag neu gewählt. Die Machtkombination aus Präsident und Parlament ist entscheidend. Der Kongress hat das Budgetrecht. Was auch immer der Präsident anpacken möchte – das Parlament hat ein Mitspracherecht. Es bewilligt oder verweigert die Finanzmittel. Daran ist zum Beispiel die von Obama versprochene Schließung Guantanamos gescheitert.

Die Verschuldung ist das dringendste Problem der USA. Wer wird den Abbau des Schuldenbergs bezahlen? Da haben die beiden Lager sehr unterschiedliche Vorstellungen. Die Republikaner versprechen, das Defizit allein mit Kürzungen bei staatlichen Ausgaben auszugleichen. Die Demokraten wollen die Steuern für die Wohlhabenden erhöhen.

Das sind beides, für sich genommen, keine seriösen Antworten. In jedem der letzten Jahre hat die öffentliche Hand nur 2,5 bis 2,6 Billionen Dollar eingenommen, aber 3,6 bis 3,7 Billionen Dollar ausgegeben. Rund 30 Prozent des Etats wurden aus neuen Krediten finanziert. Eine Haushaltssanierung muss beides beinhalten: höhere Einnahmen und deutliche Kürzungen bei den Ausgaben, ungefähr im Verhältnis eins zu drei. Auf jeden Dollar Mehreinnahmen sollen drei Dollar bei den Ausgaben gespart werden – das ist der mutmaßliche Kompromiss, sofern es bei einer Teilung der Macht bleibt.

Als sicher gilt, dass die Republikaner ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus behalten. Offen ist, welche Partei künftig den Senat kontrolliert, die zweite Kongresskammer, die in der Praxis ein Vetorecht gegen Beschlüsse des Abgeordnetenhauses hat. Offen ist auch, ob Obama Präsident bleibt oder Mitt Romney ihn ablöst.

Falls die Republikaner dreifach siegen – Präsident, Abgeordnetenhaus und Senat –, hätte das den Vorteil klarer Machtverhältnisse. Amerika würde aber eine Wende erleben zugunsten der Interessen der Privatwirtschaft und der Wohlhabenden. Die Aufgaben des Staats würden reduziert. Bleibt Obama Präsident und teilt sich die Macht mit einem republikanischen Abgeordnetenhaus, das von einem demokratischen Senat in Schach gehalten wird, bliebe es bei der Balance der widerstrebenden Interessen. Setzt sich dann auch die politische Blockade fort? Das ist die Gefahr. Im besten Fall verstehen beide Lager ein solches Ergebnis als Auftrag zum Kompromiss.

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