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Theo Zwanziger gibt derzeit keine gute Figur als DFB-Präsident ab.

© dpa

Deutscher Fußball: Zeit zum Auswechseln für Theo Zwanziger

Der deutsche Fußball steht sportlich so gut da wie lange nicht mehr. Doch das gerät beinahe zur Nebensache angesichts eines DFB-Präsidenten, der zunehmend nervt und seine Befindlichkeiten vor seine Funktion schiebt.

Großartig, der deutsche Fußball. Während sich spielstarke Nationen wie Portugal und Tschechien durch die Play-offs zur Europameisterschaft zittern müssen, legte die deutsche Nationalmannschaft eine Trainingseinheit in Kiew ein. Nach der souveränsten Qualifikation aller Zeiten schwang das Team von Joachim Löw schon mal die Stollen über jenen Rasen, auf dem im nächsten Sommer der Pokal in den Himmel gereckt werden soll. Nach zwei Jahrzehnten des Wartens ist er wieder mit Füßen zu greifen – der Gewinn eines großen Titels. Die nötige Spielfreude haben sie, die Götzes, Özils und Schweinsteigers. Den Mut auch, Philipp Lahm sieht den FC Bayern gar auf einer Stufe mit dem FC Barcelona. Wenn das mal nicht zu früh in Übermut umschlägt. Aber geschenkt – bei dem grausigen Bild, das der deutsche Fußball sonst abgibt.

Kleingeistig, das ist der Deutsche Fußball-Bund. Der größte Sportverband der Welt versinkt mehr und mehr in den Problemen seines Präsidenten. Theo Zwanziger war als guter Gesellschaftsonkel gestartet – er klärte die NS-Vergangenheit des DFB und die Hoyzer-Betrugs-Affäre auf, kämpfte gegen Homophobie, förderte (etwas zu onkelhaft) den Frauenfußball und fand vor zwei Jahren nach dem Tod des an Depressionen erkrankten Torwarts Robert Enke die richtigen Worte. Leider hat Zwanziger das Lob dafür nicht gut getan, er verliebte sich in sich selbst.

Inzwischen nervt der 66-Jährige mit Versuchen, seine heile Fußballwelt selbst vor Brauerei-Sponsoren zu retten, genauso wie mit dem Unvermögen, Skandale im eigenen Laden aufzuklären. Schlimmer noch: Der Jurist aus dem Westerwald droht seinen Verband für privat motivierte Feldzüge zu missbrauchen: gegen kritische Journalisten (mit denen er nicht mehr spricht), gegen kritische Fußballfunktionäre (mit denen er kaum noch spricht), gegen den nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung zurückgetretenen Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell (mit dem er nur noch über Anwälte spricht). Zwanziger scheint sich abzuschotten; wenn er doch mal offene Worte findet, sind es immer öfter die falschen.

Lesen Sie auf Seite zwei, wieso Zwanziger inzwischen zum Problem für den deutschen Fußball geworden ist.

Die letzte Wettaffäre um manipulierte Spiele – nicht so schlimm. Der Korruptionssumpf im Weltverband Fifa – müssten andere mal aufklären. Die Durchsuchungen der Steuerfahndung bei Schiedsrichtern – da kommt nichts raus. Zwanziger redet Affären klein, statt zur Aufklärung beizutragen. So macht er Probleme größer. Und seine Machtworte taugen nicht viel: Vor der WM in Südafrika prahlte er mit einer Vertragsverlängerung mit Löw, ohne dass der unterschrieben hatte. Nun zeigt der DFB angeblich klare Kante gegen Gewalt: Nach Prügeleien auf Amateurplätzen und der lichterlohen Debatte um Feuerwerke in Stadien soll am Montag ein Runder Tisch beim Innenminister die Gewalt ein für allemal beenden. Aber wie will man Frieden stiften, wenn man statt mit den Fans nur über sie redet?

Beispielhaft für den irrigen Kurs der DFB-Spitze ist der Umgang mit der Causa Amerell, die sich zur Schlammschlacht-Kaskade auswächst. Zwanziger stellte sich allzu früh auf die Seite des möglichen Nötigungsopfers, des jungen Referees Michael Kempter, obwohl auch dessen Glaubwürdigkeit zweifelhaft ist und er nun zu den Verdächtigen in der Steueraffäre gehört. Amerell dagegen wurde nicht angehört, fühlt sich um Amt und Ruf gebracht und befindet sich auf einem Rachefeldzug gegen Kempter und den DFB, der für alle Beteiligten außer Kontrolle gerät. Sogar ein Mediationsverfahren mit Bischof Wolfgang Huber, das Zwanziger öffentlich verkündet hatte, torpedierte der DFB-Chef selbst, weil er sich nicht ausreichend informiert fühlte. Nicht nur in der DFB-Zentrale dachten da viele: Mein Gott, Theo!

Das Problem des deutschen Fußballs ist sein Präsident: Theo Zwanziger schiebt seine Befindlichkeiten vor seine Funktion. Das schadet dem Amt, das ihm nur verliehen ist. Wenn sich ein passabler Nachfolger anbieten würde (wie Zwanziger 2004 beim damals auch amtsverwirrten Gerhard Mayer-Vorfelder), müsste er längst um seine Macht fürchten. So aber schwadroniert er weiter, klagt, wehklagt.

Bis zur nächsten Affäre, die den deutschen Fußball kleiner macht, als er ist.

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