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Meinung: Die australische Gefahr

Es könnte noch eng werden für den Kandidaten. Wenn aus dem Säbelrasseln zwischen der Münchner Kirch-Gruppe und dem Axel-Springer-Verlag ein richtiger Medienkrieg wird, dann hat Edmund Stoiber ein Problem.

Es könnte noch eng werden für den Kandidaten. Wenn aus dem Säbelrasseln zwischen der Münchner Kirch-Gruppe und dem Axel-Springer-Verlag ein richtiger Medienkrieg wird, dann hat Edmund Stoiber ein Problem. Umfragen hin oder her: Zerbräche das Reich Leo Kirchs am Streit um Springers Verkaufsoption für seine ProSiebenSat1-Beteiligung, dann würden auch Stoibers Chancen bei der Bundestagswahl schwinden.

Denn dann müsste Stoiber einräumen, dass die Kredite seiner Landesbank das Leben - oder zumindest die Unabhängigkeit - der Kirch-Gruppe nur künstlich verlängert haben. Schätzungsweise 2,3 Milliarden Euro hat allein die BayernLB, in dessen Verwaltungsrat die halbe Staatsregierung vertreten ist, in den notorisch klammen Medienkonzern gepumpt. Erst vor einem Jahr legten die Staatsbanker noch einmal nach, um Kirchs Einstieg in die Formel 1 zu finanzieren. 1,1 Milliarden Euro soll das gekostet haben. Erwin Huber, Chef in Stoibers Staatskanzlei, hatte zuvor vergeblich versucht, die Hypo-Vereinsbank für den Rennsport zu begeistern. Sein Argument für die Landesinitiative: Was Kirch nützt, kann dem Land nicht schaden. Hat nicht der Filmmogul den Medienstandort München erst groß gemacht hat? In ein paar Wochen, so heißt es, muss Kirch seine Schulden zurückzahlen. Und weil er das nicht kann, wird mit Stoiber und Co. ein neues Arrangement gefunden werden müssen. So ging es immer in Bayern. So wird es auch dieses Mal gehen.

Ohne den Streit mit Springer wäre das alles nur eine Spielart der Spezlwirtschaft. So könnte es aber Folgen über die Grenzen des Freistaats hinaus haben: Wenn Kirch 770 Millionen Euro an Springer zahlen muss, dann wird er womöglich seine 40-Prozent-Beteiligung am Verlag verkaufen und anderen das Feld überlassen müssen: Dem australisch-amerikanischen Medienunternehmer Rupert Murdoch, Liberty-Media-Chef John Malone oder ausländischen Investoren, die sich ein Stück von einem der lukrativsten Medienmärkte der Welt sichern wollen. Das Medien-Gefüge in Deutschland geriete aus dem Gleichgewicht.

Die Achse Kirch-Springer hielt den Markt der elektronischen Medien bislang stabil: Hier das eher konservative Lager - die Senderfamilie Sat1-Pro 7, dort das eher liberale Lager von Bertelsmann-RTL. Ein Wettbewerb zum Wohlfühlen. Ungestört von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die - im Parteienproporz ruhig gestellt - den Privaten nicht gefährlich werden konnten. Medienpolitisch ist das so gewollt und wird von niemandem ernsthaft in Frage gestellt. Im Gegenteil. Die Intervention Gerhard Schröders in Sachen Bundesliga im vergangenen Jahr etwa war ein Bekenntnis zum medienpolitischen Status Quo. Kirchs Chancen, Pay-TV in Deutschland konkurrenzfähig zu machen, hat das Machtwort des Kanzlers noch einmal verkleinert. Aber das durfte Schröder egal sein, solange der Frieden auf dem nationalen Fernsehmarkt nicht gestört wurde.

Machtworte werden nun nicht mehr helfen. Lösen die Konzerne ihre festen Bindungen, weil die Geldnot sie dazu zwingt, dann können weder Schröder noch Stoiber verhindern, dass der Medienmarkt für internationale Konzerne aufgeschlossen wird. Die Daumenschrauben, die Springer-Chef Mathias Döpfner seinem Großaktionär Kirch anlegt, sind nur ein Vorgeschmack der Methoden, mit denen im globalen Medien-Business die Interessen von Aktionären durchgesetzt werden. Verständlich, dass es dem Kanzler und dem Kandidaten, die erstmals einen Wahlkampf im amerikanischen Stil vorbereiten, ungemütlich wird. Vielleicht freunden sich beide mit diesem Gedanken an: Das Fernsehduell findet bei Premiere statt. Frei geschaltet für einen Abend, moderiert von Kirchs neuem Großaktionär: Rupert Murdoch.

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