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Rede – aber auch Antwort? Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), für die Geheimdienste zuständig, muss an diesem Montag im Bundestag aussagen.

© dpa

BND und Snowden: Die Geheimdienste brauchen mehr Kontrolle

BND, Parlament, Kontrollgremium: Im Wahlkampf ist da was aus dem Lot geraten. In Wirklichkeit nämlich haben auch die Kontrolleure keine Ahnung. Das ist auch ein Grund für die wochenlange Verunsicherung in der NSA-Affäre.

Von Antje Sirleschtov

Seit der amerikanische Ex-Geheimdienstler Edward Snowden über angeblich massenhafte Abhöraktionen der NSA in Deutschland berichtet hat, beherrscht ein Durcheinander die politische Szene. Wer hat wen wann abgehört und vor allem: Wer wusste was? Kann es sein, dass es jahrelang an der Öffentlichkeit vorbei ein Eigenleben auch der deutschen Dienste gegeben hat?

Die Frage richtet sich selbstverständlich zuerst an die Bundesregierung. Sie ist verantwortlich für die Arbeit der Sicherheitsdienste. Allerdings ist jede Regierung „nur“ im Auftrag der gewählten Vertreter des Volkes tätig. Mithin stellt sich die Frage nach Wissen und Unwissen an die, die die Deutschen zur Kontrolle der Dienste gewählt haben: die Abgeordneten des Bundestages. Seit Urzeiten gibt es für die Kontrolle der Geheimdiensttätigkeit das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr). Dort tagt man hinter verschlossenen Türen und informiert sich über das, was aus gutem Grund nicht in der Öffentlichkeit des Bundestages debattiert werden soll.

Doch nun stellt sich heraus: Selbst die Kontrolleure haben keine Ahnung. Und bei genauerer Betrachtung besitzen sie auch gar keine ausreichenden Befugnisse, um nachhaltig die Arbeit der Geheimdienste kontrollieren zu können. Der Verdacht liegt also nahe: Ein Staat im Staate kann hier nach Gutdünken machen, was er will.

Hier liegt ein Nährboden für die wochenlange Verunsicherung der Öffentlichkeit über das vermeintliche Treiben der Amerikaner in Deutschland. Ein Boden, der darüber hinaus noch mit dem Wasser des Wahlkampfes kräftig gegossen wurde, auf dass erst recht ein Klima von Misstrauen und Verdächtigung entsteht – in der Sache und in Bezug auf die handelnden Personen. Schließlich darf man sich fragen, welchen Sinn ein solch geheim tagendes Kontrollgremium haben soll, wenn die Inhalte der geheimen Gespräche hernach vor laufenden Kameras mehr oder weniger offen verbreitet und politisch gedeutet werden. Das PKGr und der Bundestagswahlkampf – das passt nicht zusammen.

Was bleibt, ist die Frage, wie Geheimdienste auch in Zukunft im Verborgenen ihrer wichtigen Arbeit nachgehen können und trotzdem unter der Kontrolle des Parlaments stehen. Dazu gibt es bereits eine Reihe von Vorschlägen – von erweiterten Befugnissen der Gremienmitglieder bis zur Einrichtung eines Beauftragten des Parlamentes zur Überwachung der Dienste. Dass ein solcher Beauftragter mit größeren Befugnissen ausgestattet werden muss, als es die PKGr-Mitglieder derzeit sind, ist klar. Dass er mit überparteilichem Vertrauen des Bundestages ausgestattet sein muss und seine Stellung nicht zum Gegenstand parteipolitischer Auseinandersetzung werden kann, ebenso.

Erst die Katastrophen um die Verfassungsschutzämter wegen der Mordserien des NSU, nun die Ereignisse um die Abhöraktionen der NSA: Wenn nach der Wahl der nächste Bundestag zusammentritt, wird er sich baldmöglichst mit seinen eigenen Geheimdienstangelegenheiten befassen müssen.

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