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Meinung: Die Krawattenbande

Von Moritz Döbler

Man stelle sich vor, Heinrich von Pierer wäre Bundespräsident. Das ist kein Witz – er wäre es fast geworden. Vor zweieinhalb Jahren stritt die CDU über Horst Köhler, der langjährige Vorstandschef des Siemens-Konzerns stand bereit. Ihm hätte das höchste Staatsamt gefallen, und er hatte starke Fürsprecher. Man stelle sich also vor, Bundespräsident Heinrich von Pierer müsste erklären, wie in seiner Zeit an der Spitze des Unternehmens gigantische schwarze Kassen für Schmiergeldzahlungen entstanden. Mit einer Pressekonferenz im Schloss Bellevue wäre es nicht getan. Deutschland würde von einem Skandal erschüttert, der seinesgleichen sucht. Das ist keine Vorverurteilung, denn niemand behauptet, dass er von den schwarzen Kassen wusste. Es reicht schon, dass er davon hätte wissen müssen. Ein Schaden von (bisher) 200 Millionen Euro – die Summe hat sich binnen Tagen verzehnfacht, Tendenz steigend – ist selbst für Siemens kein Handgeld.

Es kann nur eine Konsequenz geben: Der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer ist für das Unternehmen noch viel weniger tragbar, als es der Bundespräsident Heinrich von Pierer für Deutschland gewesen wäre. Jemand, der bandenmäßige Kriminalität von solchen Dimensionen übersehen hat, kann nicht an der Spitze des Kontrollgremiums bleiben. Trotz oder gerade wegen seiner Verdienste um das Unternehmen sollte er zurücktreten. Daneben drängt sich in diesen Tagen – gerade wurde Peter Hartz angeklagt – die Frage auf, wie man es mit Managern halten soll, die auf alle Fragen eine Antwort haben. Heinrich von Pierer geht ein und aus im Kanzleramt, er hat Gerhard Schröder ebenso beraten wie Angela Merkel. Damit sollte nun Schluss sein.

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