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Viele junge Paare wünschen sich eigentlich Kinder, trauen sich aber nicht, eine Familie zu gründen.

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Die Krippe – leer?: Mit Gefühl und Verstand gegen den Geburtenrückgang

Kinder gelten als Wohlstandsrisiko, als Hemmnis beim beruflichen Fortkommen, als Spaßbremse. Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt, um den wahren Wert der Kinder hervorzuheben.

Geht das: Am weltweit gefeierten Tag der Geburt des berühmtesten Kindes der Welt darüber grübeln, warum Kinder keine Konjunktur haben? Zu Zeiten Marias und Josefs war das kein Thema, vom Sonderfall Jesus ohnedies mal abgesehen. Heute gelten sie als Wohlstandsrisiko, als Hemmnis beim beruflichen Fortkommen, als Spaßbremse. Kinder sind wie eine unsichtbare Fessel am Fußgelenk des nach Selbstverwirklichung strebenden Menschen. Mal rasch nach Mallorca, eine Nacht durchmachen, für die Karriere ein Wochenende schuften – nichts da. Kind hat Hunger oder volle Windeln, Kind ist einsam, krank, braucht Trost oder Kamillentee.

Der Staat investiert jedes Jahr aus Steuermitteln – also aus unserem Geld – rund 190 Milliarden Euro in familiennahe Leistungen. Dazu zählen nicht nur Eltern- und Kindergeld, sondern auch die finanziellen Folgen des Ehegattensplittings, von dem kinderlose Paare mehr profitieren als die mit Nachwuchs. Demnächst kommt noch das Betreuungsgeld dazu. Jede einzelne dieser Leistungen kann man überflüssig finden. Das Elterngeld habe die Geburtenrate nicht gesteigert, hören wir. Wie viele Kinder es ohne Elterngeld gäbe, weiß aber keiner. Dass es jedoch gerade gut ausgebildete, junge Leute dazu bringt, Kinder und Karriere zueinanderzufügen, kann jeder in seinem Bekanntenkreis sehen.

Unstrittig ist auch, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Geschlechtergerechtigkeit und der Betreuung kleiner Kinder keinen Spitzenplatz einnimmt. Markus Dröge, der evangelische Bischof, hat gerade auf Untersuchungen verwiesen, wonach in Deutschland als Folge der Wende der Bau von Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder stagnierte – offenbar wollte man es ganz bewusst nicht so machen wie in der ehemaligen DDR. Von dort konnte, durfte ja kein vernünftiger Gedanke gekommen sein.

Das Faktum bleibt, dass junge Menschen heute, anders als vor 50 Jahren, den Zeitpunkt des Kinderkriegens eher planen können. Und die Großeltern mit ihren fünf oder sechs Kindern sollten dem kinderscheuen Nachwuchs keine Vorwürfe machen, sondern sich ernsthaft prüfen, ob sie so kinderreich geworden wären, hätte es damals schon die Pille gegeben. Beim Ja oder Nein zum Kind geht es eben nicht nur um den Verzicht auf Vergnügungen oder deren Ausleben, sondern auch um die mögliche Gefährdung des bisherigen Lebensniveaus. Dass sich da etwas ändert, wäre die vorrangige Aufgabe der Sozial- und Gesellschaftspolitik.

Unabhängig davon bleibt die ewige Wahrheit, dass Kinder etwas Erlösendes an sich haben, weil sie Menschen aus der Selbstbezogenheit herauszwingen. Bitte nicht falsch verstehen: Man muss keine Kinder haben, um zu hoffen, dass man im Rahmen seiner eigenen, kleinen, begrenzten Möglichkeiten die Welt am Lebensende etwas besser hinterlässt, als man sie bei der Geburt vorgefunden hat. Auch kinderlos, ob das nun bewusst oder schicksalbedingt ist, kann man seiner Umwelt Güte, Liebe, Hilfe geben. Aber Kinder sind nun einmal das Symbol dafür, dass immer wieder Neues wird, dass unser Denken und Fühlen nach vorne und nicht rückwärts gewandt ist.

Für die Verstandesmenschen unter uns zählt vielleicht am meisten die Erkenntnis, dass unsere Fähigkeiten und Talente in unseren Kindern weiterleben und dass sie natürlich unsere Rente sichern. Für eher gemütvolle Menschen, für solche mit Herz reicht ganz einfach das Wissen, dass Kinder ein großes Glück sind. Frohe Weihnachten.

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