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Meinung: Die Republikaner als Risiko

Die Kompromisslosigkeit der Konservativen ist das wahre Problem der USA.

Groß waren zu Beginn des Jahres die Erwartungen, was sich in Amerika alles ändern würde. Auch kurz vor dessen Ausklang ist die Hoffnung auf das, was sich alles bessern könnte, lebendig, vom Waffenrecht bis hin zur Vermeidung des „Fiscal Cliff“. Die Zuversicht wird freilich gedämpft durch die Ahnung, dass Chancen oft ungenutzt verstreichen und vieles selbst im Wandel noch beim Alten bleibt, im Guten wie im Schlechten.

Anfang 2012 hatte Wechselstimmung geherrscht, am Ende wählten die USA den alten Präsidenten wieder: Barack Obama. Das immerhin scheint eine klare Mehrheit nicht zu bereuen. Die Zustimmung zu ihm ist jetzt auf 57 Prozent gestiegen – so hoch wie zuletzt im Sommer 2009.

Das hat allerdings weniger mit einer tief verankerten Sympathie für diesen Präsidenten und seine Politik zu tun als mit dem Verhalten der Republikaner. Auch nach dem Schulmassaker in Newtown, bei dem 20 Kinder starben, verweigern sie Änderungen beim Waffenrecht. Und obwohl den USA in wenigen Tagen das „Fiscal Cliff“ droht und in der Folge eine vermeidbare und allein von der Politik herbeigeführte Rezession, lehnen sie es ab, ihren Teil zu einem Kompromiss beizutragen, nämlich die Erhöhung der Einkommensteuer für Spitzenverdiener.

Diese Rigidität ist der wahre Grund, warum die Republikaner den Machtkampf zu verlieren drohen. Ihre generelle Stellung im ideologischen Wettstreit hat sich nicht verschlechtert. Die Gesellschaft ist in den meisten weltanschaulichen Fragen in der Mitte gespalten. In vielen Grundfragen haben die Republikaner die Hälfte der Bevölkerung oder sogar eine Mehrheit auf ihrer Seite, zum Beispiel beim weitgehend ungehinderten Zugang gesetzestreuer Bürger zu Waffen. Oder bei der Auffassung, dass Steuererhöhungen der Wirtschaft schaden und der Staat lieber sparen solle.

Zugleich erwartet die Mehrheit, dass beide Lager auf neue Gefahren reagieren. Bei aller Skepsis gegen Steuererhöhungen im Allgemeinen meinen die meisten Amerikaner, dass Spitzenverdiener ein bisschen mehr zahlen könnten. Bei allem Festhalten an der Waffenfreiheit müssen Privatleute nicht unbedingt Schnellfeuergewehre haben, die zum Massenmord befähigen. Und was spricht gegen lückenlose Identitätsprüfungen beim Waffenkauf?

Auch Obama ist nicht schuldlos an der Blockade. Die Kompromisslosigkeit vieler Konservativer ist aber das wahre Problem. Sie scheren sich nicht um die Meinung der Nation, sondern nur um die Mehrheit in ihrem Wahlkreis. Sie meinen, dass sie die besseren Argumente haben. Im ländlichen Raum, wo sie regieren und die Waffengesetze lax sind, ist die Verbrechensrate geringer als in den Städten, wo Demokraten hohe Auflagen machen. Der Schlüssel zum Schuldenabbau ist für sie Wachstum. Also müssten die Steuern runter, nicht rauf. Dass Obama die Wahl gewonnen hat, zählt für sie nicht. Sie haben die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, also auch ein Mandat, ihr Programm durchzusetzen. Falls Obama die Steuererhöhungen erzwingt, werden sie es ihm heimzahlen, wenn er sie im Februar für die Erhöhung der Schuldenobergrenze braucht.

Die Finanzmärkte setzen noch immer auf eine Einigung. Ihre Reaktion auf den Abbruch der Gespräche am Freitag war milde. Sie wollen sich nicht vorstellen, dass die Republikaner eher ein nationales Unheil riskieren, als nachzugeben. Wenn sie sich da mal nicht irren.

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