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Meinung: Die Stunde der Datenveränderer

In Deutschland bildet sich eine neue Kaste Ausgestoßener, deren Schicksal der Obdachlosigkeit nahe kommt: Es sind all jene, die im Internet Dinge ersteigert haben, die sie nicht bezahlen können. Neben Beschimpfungen droht ihnen das Ende auf einer schwarzen Liste der EMail-Adressen, eine Art virtuelle Lepra, gegen die kein Antibiotikum hilft.

In Deutschland bildet sich eine neue Kaste Ausgestoßener, deren Schicksal der Obdachlosigkeit nahe kommt: Es sind all jene, die im Internet Dinge ersteigert haben, die sie nicht bezahlen können. Neben Beschimpfungen droht ihnen das Ende auf einer schwarzen Liste der EMail-Adressen, eine Art virtuelle Lepra, gegen die kein Antibiotikum hilft. Nummer eins auf dieser Liste ist jener 22-Jährige, der bei Ebay ein Grundstück, ein Ultraleichtflugzeug, ein Blutzuckermessgerät, eine Barockgeige und noch ein paar andere Dinge ersteigert hat, die man heute halt so braucht. Doch ist es nicht lobenswert, dass selbst einkommensschwache Kreise per Computer shoppen können ohne Ende, sind sie nicht die besten Zeugen dafür, dass Geiz eben doch nicht geil ist, sondern Konjunkturgift? Zugegeben: Es fließt kein Geld bei diesen Geschäften, und spitzfindige Juristen sprechen sogar von „strafbarer Datenveränderung“. Andererseits könnte man es auch Politik nennen: Sachen kaufen, die niemand bezahlen kann. Nur, dass der Staat sich nicht mit Barockgeigen aufhält, sondern ganze Opernhäuser … Demnächst bei Ebay: Deutschland, leicht ramponiert. Bietet jemand mit?

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