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Planspiele: Guttenberg und Schäuble: Die zwei von der Sparstelle

Wehrpflichtsende und Steuererhöhung: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Finanzminister Wolfgang Schäuble lassen tief blicken.

Von Robert Birnbaum

Meint der eine das womöglich ernst? Der Verteidigungsminister ist in die Sparberatungen der Bundesregierung mit einem Aktenordner reinmarschiert, in dem sich neben allerlei anderen Streichideen eine Skizze zum Ende der Wehrpflicht befand. Allein der Verzicht auf den Bürger in Uniform, hatte Karl-Theodor zu Guttenberg sich ausrechnen lassen, würde seinen Etat schlagartig um rund 400 Millionen Euro entlasten. Keine andere Maßnahme würde so rasch und so nachhaltig wirken.

Meint der andere das womöglich auch ernst? Der Finanzminister hat die gleichen Sparberatungen mit einer umfänglichen Liste von Steuer- und Abgabenerhöhungen eröffnet. Schluss mit der Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen, Schluss mit Billigstrom für Gewerbebetriebe auf Kosten der Steuerkasse, Schluss mit dieser und jener Vergünstigung, dafür ein Aufschlag auf den Solidarzuschlag, um den steigenden Zuschussbedarf der Krankenkassen zu decken.

Beide Minister ernteten sofort lautstarken Widerspruch. Beide hatten darauf fest gebaut. Denn sie meinten es, natürlich, gar nicht ganz so ernst. Schäuble wie Guttenberg bedienen sich eines kleinen Tricks: Wenn du von Hindus eine Schale Reis ergaunern willst, drohe ihnen mit der Schlachtung ihrer heiligen Kühe.

CDU, CSU und FDP sind, was das angeht, sogar noch hinduistischer. Guttenberg durfte deshalb ganz sicher sein, dass das Kabinett und der Finanzminister ihm eher die Spar-Last erleichtern als mal eben übers Wochenende die Wehrpflicht einsparen. Und Schäuble kann jedes Mal, wenn einer sich in Sachen Sparen bockig zeigt, mit sanfter Stimme vorschlagen, dass es dann eben leider dieser oder jener Kuh ans Leder gehen müsse.

Man tut infolgedessen als Bürger gut daran, die Zwischenmeldungen aus den Sparklausuren nur begrenzt ernst zu nehmen. Etliches, was da als fester Plan verbreitet wird, ist bloß Verhandlungsmasse. Andererseits tut man als Bürger gut daran, sich diese Verhandlungsmasse sehr genau anzusehen. Man kann nämlich daraus lernen, was im politischen Kosmos der schwarz-gelben Koalition inzwischen immerhin als denkbar gilt.

Das Wehrpflicht-Beispiel zeigt das besonders klar. Guttenberg hat ja nicht bloß ein Reizwort und eine Millionensumme in die Diskussion geworfen. Der CSU-Minister hat einen kompletten Grundriss für eine drastisch verkleinerte Berufsarmee vorgelegt: 150 000 Mann und Frau, die schlanke Profi-Truppe für den Einsatz auch der härteren Art.

Abgesehen davon, dass das nur die logische Konsequenz aus Guttenbergs Forderung ist, die Bundeswehr vom Einsatz her zu denken – ein solches Konzept entfaltet seine eigene Dynamik. Wie will die Union je wieder die Vorschläge der FDP als unrealistisch verwerfen, die diesen Umbau seit langem fordert? Wie wollen CDU und CSU je wieder die Wehrpflicht zur heiligen Kuh erklären, wenn der eigene Minister das Rezept für den Braten liefert? Die Koalition hat die Wehrpflicht zum Stiefel-Volontariat degradiert. Jetzt läutet Guttenberg ihr Ende ein.

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