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Wer den "Bund fürs Leben" schließt, lebt konservative Werte.

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Diskussion um die Homo-Ehe: Familie ist, wo Kinder sind

Ausgerechnet am Ehegattensplitting festzumachen, ob Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft gleich behandelt werden, ist falsch. Denn das Splitting wird mehr und mehr zum Relikt einer längst vergangenen gesellschaftlichen Realität. Deshalb sollte sich die Regierung mit einer anderen Frage beschäftigen.

Von Antje Sirleschtov

Wenn zwei Menschen den berühmten Bund fürs Leben eingehen, dann knüpfen sie das in aller Regel an ein großes Versprechen. Sie dokumentieren, füreinander Verantwortung übernehmen und einstehen zu wollen. Ist das konservativ? Eindeutig ja, im besten Sinn. Und es ist zugleich sehr modern, was die nach wie vor große Zahl der Paare zeigt, die sich füreinander entscheiden.

Dass CDU und CSU auch vor gut zehn Jahren noch befanden, dass eine solch tiefe Bindung zweier Menschen nur auf ein Bündnis von Mann und Frau begrenzt bleiben sollte, und sich daher gegen das rot-grüne Lebenspartnerschaftsgesetz entschieden haben, wurde ihnen seinerzeit zu Recht als rückwärtsgewandt ausgelegt. Liebe und die Bereitschaft, dauerhaft Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen, hatten schon 2001 und haben es heute umso weniger mit sexuellen Prägungen zu tun. Zwei Männer oder Frauen in einem Standesamt zu sehen, gehört zum selbstverständlichen Bild einer aufgeklärten, liberalen Gesellschaft.

Mit der Zeit ist die Anerkennung lesbischer und schwuler Partnerschaften auch in der Union kein Kampfthema modernistischer Außenseiter mehr. In dem Maß, wie die durch und durch technisierte und globalisierte Welt das Bindungsgefüge der Menschen verändert, hat sich auch der Blick auf die klassischen konservativen Werte verschoben. Man mag Kristina Schröder unterstellen, in ihrem Amt als Familienministerin bisher wenig zuwege gebracht zu haben. In einem hat sie zweifellos recht: Dort, wo Lesben und Schwule eine Lebenspartnerschaft eingehen, leben sie konservative Werte.

Warum also sollte ihnen der Staat nur die Pflichten heterosexueller Partnerschaften auferlegen, ihnen aber die finanzielle Unterstützung oder etwa das Recht, Kinder zu adoptieren, versagen? In einer Zeit, in der Kinder, also die „Weitergabe von Leben“, immer weniger mit dem Trauschein von Mann und Frau zu tun hat und sich Väter genau wie Mütter ganz selbstverständlich auch allein um ihren Nachwuchs kümmern, kann man das Vorhandensein einer klassischen Ehe zwischen Mann und Frau nicht mehr zur Voraussetzung für das Vorhandensein von Familie erklären und daraus die unterschiedliche Behandlung hetero- und homosexueller Partnerschaften ableiten.

Den Grad der Gleichbehandlung der Ehe mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft allerdings ausgerechnet am Ehegattensplitting messen zu wollen, ist falsch. Denn dort, wo die Keimzelle des Lebens immer weniger mit der Ehe begründet wird, da verfällt die Begründung des Staates zur steuerlichen Subventionierung des Trauscheins. Das Splitting wird zum Relikt einer längst vergangenen gesellschaftlichen Realität. Denn es unterscheidet nicht zwischen Familien mit Kindern und der kinderlosen Ehe, es untergräbt im schlimmsten Fall sogar die Bemühungen eines Partners, sich mit eigener Arbeit ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen.

Deshalb wird es Zeit, dass sich eine Regierung grundsätzlich mit der Frage beschäftigt, wie der Staat die Fürsorgepflichten zweier Erwachsener auf der einen Seite und das Vorhandensein von Kindern auf der anderen finanziell unterstützt. Die Idee, das Ehegattensplitting in ein Familiensplitting umzuwandeln, es also an die Kinder zu knüpfen, ist dabei schon mal ein Anfang. Und sie könnte gleichzeitig eine Tür auch zur steuerlichen Gleichbehandlung von Hetero- und Homo-Ehen aufstoßen.

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