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Meinung: Dreifache Sünde

„Im Sumpf des Stumpfsinns“ vom 15. Juli Jochen Jung begeht in der Rezension von J.

„Im Sumpf des Stumpfsinns“

vom 15. Juli

Jochen Jung begeht in der Rezension von J. J. Voskuils Roman „Das Büro“ eine dreifache Sünde: Erstens hätte er als Verleger sich weigern sollen, eine Rezension über einen Roman zu verbreiten, den ein Kollege von ihm publiziert hat. Zweitens behauptet er, dass ich – der niederländische Verleger des Romans – ausländischen Kollegen Ende der 90er Jahre auf der Frankfurter Buchmesse mit größter Euphorie von dem Roman vorgeschwärmt hätte, und das nicht wegen der literarischen Qualität des Werks, sondern nur wegen des phänomenalen Verkaufserfolgs. Das ist offensichtlich falsch: Das letzte Mal habe ich die Buchmesse 1994 besucht. Ich habe den Roman aber als Typoskript erst 1995 gelesen, und der erste Band ist im April 1996 erschienen. Jungs gravierendste Sünde aber ist die Behauptung, ich hätte herumgefaselt, „man möge doch bitte unbedingt die Finger davon lassen, es sei ein Buch für Holländer, der Rest der Welt könne und werde es nicht begreifen“. Das ist skurril, denn „Das Büro“ von J. J. Voskuil ist ein genialer Roman, ein Meisterwerk der westlichen Literatur, ja der Weltliteratur. Stilistisch elegant und mit meisterhaften Dialogen bietet er eine einzigartige Mischung aus Humor und Melancholie. Es steht Jung natürlich frei, an diesem Meisterwerk nichts zu finden. Sogar in den Niederlanden gibt es solche Leute. Aber es ist offensichtlicher Unsinn, mich behaupten zu lassen (statt den Mut zu haben, es selbst zu tun), dass deutsche Leser diesen Roman nicht verstehen können.

Wouter van Oorschot,

Verlag G. A. van Oorschot, Amsterdam

Den Vorwurf, Verleger – und vermutlich auch Autoren – sollten nicht rezensieren, habe ich in den über 30 Jahren, seit ich Bücher bespreche, natürlich gelegentlich schon gehört, nie allerdings bei positiver Besprechung. Im Übrigen ist mir diese Art Zunftdenken tatsächlich fremd. Wouter van Oorschot ist ein eindrucksvoller, unverkennbarer Kollege, und er war, wann auch immer (ich führe kein Messetagebuch), am Stand des Residenz Verlags auf der Frankfurter Buchmesse bei mir, schwärmte von Voskuils ‚Büro’ und warnte mich zugleich vor einer Lizenz, das Buch sei außerhalb Hollands nicht zu begreifen. Ich habe diese Geschichte wiederholt Kollegen als Beispiel für verlegerische Souveränität erzählt – und sie ist zu gut, als dass ich sie hätte erfinden können.

Jochen Jung,

Verlag Jung und Jung, Salzburg

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