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Ruud Gullit, Trainer bei Terek Grosny: "Ein bisschen Abenteuer – das passt zu mir"

Das Engagement als Trainer beim russischen Erstligisten Terek Grosny passt perfekt in Ruud Gullits Lebenslauf. Ein Porträt.

Er hatte schon immer ein Faible für das Außergewöhnliche. Anfang der neunziger Jahre war es, mitten im großen deutsch-holländischen Fußballkrieg, da liebäugelte der begnadete niederländische Mittelfeldspieler Ruud Gullit ernsthaft mit einem Engagement beim FC Bayern München. Gullit bei den Bayern, nur ein paar Jahre nach der Spuckattacke seines Landsmanns Frank Rijkaard in die Lockenpracht von unser aller Rudi Völler – das wäre seinerzeit eine echte Sensation gewesen und ein deutlicher Affront gegen den Zeitgeist dazu.

Insofern passt das Engagement als Trainer beim russischen Erstligisten Terek Grosny perfekt in Gullits Lebenslauf. „Ich habe nie den einfachsten Weg gewählt“, sagt der 48-Jährige, der Ende der Achtziger der wohl beste Fußballer der Welt war. „Ein bisschen Abenteuer im Leben – das passt zu mir.“ Ein bisschen Abenteuer? Kaum war die Meldung von Gullits Wechsel nach Tschetschenien auf dem Markt, da rief sein Versicherungsvertreter an, um ihm mitzuteilen, dass sich der Beitrag für seine Lebensversicherung gerade verdoppelt habe.

Tschetschenien gilt immer noch als heißes Pflaster, dabei ist Terek Grosny schon vor drei Jahren in die erste russische Liga aufgestiegen. Seitdem trägt der Klub seine Spiele auch wieder in der Hauptstadt der einstigen Bürgerkriegsrepublik aus. Geführt wird Terek von Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow – einem Mann von zweifelhaftem Ruf. Dem 34-Jährigen werden Folter und Kriegsverbrechen vorgeworfen. „Er ist ein Mann des Krieges und des Terrors“, hat die ermordete russische Journalistin und Menschenrechtlerin Anna Politkowskaja über ihn geschrieben.

Gullit, der 1987 seinen Goldenen Ball als Europas Fußballer des Jahres dem damals noch inhaftierten Nelson Mandela widmete, hat selbst das nicht abschrecken können. Zweieinhalb Jahre nach seinem Rücktritt bei Los Angeles Galaxy habe er unbedingt wieder als Trainer arbeiten wollen. Drei Angebote lagen ihm vor: zwei von außerhalb Europas und ohne allzu große Möglichkeiten, das dritte von Terek Grosny. „Das war eine einfache Entscheidung“, sagt Gullit.

Sein Vertrag bei Terek gilt erst einmal für anderthalb Jahre. Kadyrow aber hat längst größere Pläne: Er will mit Gullit in die Champions League und hat dem neuen Trainer bereits die Verpflichtung eines Topstürmers aus der Premier League in Aussicht gestellt. Gullit selbst wäre schon mit der Europa League zufrieden. Die vorige Saison hat Terek in Russland als Zwölfter beendet. Stefan Hermanns

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