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Meinung: Ein Land, das Helden hat

Deutschland ist der letzte funktionierende Einparteienstaat. Das haben Wissenschaftler in Harvard herausgefunden, und die müssen es wissen.

Von Markus Hesselmann

Deutschland ist der letzte funktionierende Einparteienstaat. Das haben Wissenschaftler in Harvard herausgefunden, und die müssen es wissen. In einer ihrer jüngsten Studien bringen die Forscher der amerikanischen Elite-Universität olympischen Erfolg mit wirtschaftlichen, politischen und geografischen Daten in Verbindung. Sportlich nutzbringend sind demnach ein kühles Klima (nicht nur bei Winterspielen) und eine gesunde Wirtschaft. Wenig hilfreich ist Demokratie.

Mehr zum Thema Fotostrecke: Bilder aus Salt Lake City Tagesspiegel: Alle Berichte von den Olympischen Winterspielen Newsticker: Aktuelle Nachrichten von den XIX. Winterspielen sowie weitere Sportmeldungen Wer diesen wissenschaftlichen, nach Angaben der Forscher zu 96 Prozent zutreffenden Kriterien entspricht, darf auf Medaillen hoffen. Auch jetzt wieder in Salt Lake City. Deutschland holt Medaillen, und zwar nicht zu knapp. Die Schlussfolgerung ist beunruhigend. Kalt ist es in allen Wintersportländern, die Konjunktur könnte überall besser sein. Bleibt das Politische. Und da war doch ...

Richtig! Bei uns garantiert immer noch die DDR den sportlichen Erfolg. Das gesamtdeutsche Team ist auch bei diesen Spielen wieder in den Sportarten erfolgreich, in denen ostdeutsche Sportler schon immer reüssierten: Biathlon, Eisschnelllauf, Rodeln, Nordischer Skisport. Und die meisten der strahlenden Sieger von heute - von Claudia Pechstein bis Kati Wilhelm - sind als Talente im Sichtungssystem der DDR entdeckt worden. Selbst Skisprung-Held Sven Hannawald kommt nicht aus dem Schwarzwald, wo er heute lebt, sondern aus Thüringen. Und das Material, die unschlagbaren Schlitten und Schlittschuhe, stellt ein Think Tank bereit, der schon zu DDR-Zeiten tüftelte: das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten, kurz FES.

Dem Erfolg in bestimmten Disziplinen stehen Einbrüche in anderen, eher westlichen Sportarten gegenüber. Auf der alpinen Piste sind die deutschen Männer inzwischen Exoten - vergleichbar fast mit kamerunischen Langläufern und venezolanischen Rodlerinnen. Vom individualistischen Trendsport ganz zu schweigen. Mit dem Snowboard können deutsche Athleten nur wenig anfangen. Was da in der olympischen Halfpipe und auf dem Slalomhang vor sich ging, war eine Blamage vor Millionenpublikum.

So weit, so wissenschaftlich. Doch warum sind dann die Norweger so gut? Das kleine Land hat große Individualisten. Den Medaillensegen haben zwei Sportler mit schier unglaublichem Talent zu verantworten: Ole Einar Björndalen, der Biathlet, der mit seinen dünnen Langlaufskiern wie ein Abfahrer zu Tal rast. Und Kjetil-André Aamodt, der Alleskönner zwischen Slalomstangen und Zielschuss. Gefragt, warum er bei jedem Rennen mitmachen und dann meist auch noch gewinnen muss, antwortete Aamodt: "Ich fahre einfach gern Ski." Sven Hannawald würde über seine Sportkameraden aus dem Norden sagen: "Die machen ihr Zeug." Unwissenschaftlich, aber erfolgreich. Vielleicht auch vorbildlich für Deutschland.

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