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Ein SPRUCH: Wunsch und Partner

Christian Pfeiffer sollte den Missbrauchsskandal in der Kirche untersuchen. Doch Pfeiffer macht Politik - und das reicht nicht.

Wer der Gute und wer böse war, diese Frage ist im Zerwürfnis des Kriminologen Christian Pfeiffer mit den Bischöfen um den Missbrauchsskandal in der Kirche beantwortet worden. Und zwar von Herrn Pfeiffer. Der Wissenschaftler präsentiert sich jetzt in einem langen Interview erneut als gescheiterte „unabhängige Instanz“, die Licht ins katholische Dunkelfeld bringen wollte, während die Gegenseite ihn doch nur zu knebeln trachtete. Es wird nun endgültig schwer werden für die Bischöfe, einen neuen Aufklärer zu finden. Viele Opfer und deren Angehörige werden dem Mann wohl Recht geben, aber ihrer Sache geholfen hat er mit seinen vielen Reden nicht.

Zudem beweist das Gespräch, jemand wie Pfeiffer braucht eigentlich keine Studie, um deren Ergebnisse zu kennen. Schuld ist auch das Zölibat, sagt er. Wer an seinen Wunschpartner herankommen könne, müsse sich nicht ersatzweise an Kindern vergreifen. Jede Wette, auch diese These wäre bei der Studien-Pressekonferenz, hätte es sie denn gegeben, als Erkenntnis vorgestellt worden. Und die Bischöfe hätten das dann, vom Gelehrten derart aufgeklärt, dankbar beklatschen sollen.

Seien wir ehrlich, für solche naheliegenden Einsichten braucht man keine Forschung, weshalb neben dem Generalverdacht gegen die Kirche auch einer gegen Christian Pfeiffer zulässig ist. Er macht’s plakativ. Und er macht Politik. Das reicht aber nicht. Die Kirche ist normativ ein Paralleluniversum. Ein Rechtskundiger wie Pfeiffer gesteht eine gewisse Blauäugigkeit ein, wenn er sagt, man hätte ihn frühzeitig informieren sollen, dass es interne Vorschriften gibt, nach denen ältere Täterakten zu vernichten sind. So etwas diskutiert und prüft man besser, bevor man Verträge unterzeichnet. Die Kirche sagte nichts, ein Fehler, und Pfeiffer fragte nicht. Auch ein Fehler.

Es fällt leicht, die Rücksicht auf das kirchliche Recht als fortgesetzte Vertuschung zu diskreditieren und das darauf bezogene Nachverhandeln der Verträge als „Zensur“ zu schmähen. Nötig war es wohl, zumal das Projekt bis tief in die Personaldaten der Geistlichen reichen sollte, und, wie man hört, nicht jeder Priester zugleich ein Kinderschänder ist.

Doch inszeniert sich der Kompromisslose als Standhafter und macht unmöglich, was er seinen Auftraggebern vorwirft unmöglich gemacht zu haben: Forschung. Wenden sich die Kräfte in der Kirche, die Aufklärung wollen, jetzt einem Wissenschaftler zu, der ihren Dingen näher steht, so ist der Vorwurf absehbar; Kumpanei, Vertuschung, das Übliche. Dabei hat man nun gesehen, wie wichtig es sein kann, sich als Forscher mit den Umständen auszukennen, unter denen man ein Phänomen untersuchen soll. Dass man auch mal behutsam oder nachgiebig sein muss, um Ziele zu erreichen. Wenn die Kirche jetzt so jemanden sucht, hat sie nicht gleich Misstrauen verdient.

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