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Ein Zwischenruf ...: ... zum Glauben

Barbara John erklärt, warum gerade in Berlin der Religionsunterricht gleichberechtigt mit Ethik sein sollte.

Der konfrontative Kurs, den die Befürworter des Faches Ethik in Berlin gegenüber dem schulischen Religionsunterricht vertreten, ist von vorgestern. Erklärungen wie die von Bildungssenator Jürgen Zöllner – „Jeder, der dann nicht in den Ethikunterricht geht, ist aus meiner Sicht ein Verlorener für die staatliche Aufgabe der Integration“ – verkennen die gewaltige Herausforderung im 21. Jahrhundert. Heute geht es nicht mehr darum, den politischen Machtanspruch des Staates gegenüber einer Religionsgemeinschaft durchzusetzen. Heute stellt sich die Aufgabe, wie wir, trotz wachsender Vielfalt und Unterschiedlichkeit in weltanschaulichen Fragen – in Berlin und weltweit – gemeinsame Werte finden und uns zu ihrer Einhaltung verpflichten. Denn was das „Gute“ für alle ist, das „Weltethos“, wie es Hans Küng nennt, können weder die Politik noch die Wissenschaft definieren.

Finden wir aber keine gemeinsamen ethischen Grundlagen, ist das friedfertige Zusammenleben überall bedroht. Liegt es da nicht nahe, dass nichtreligiöse wie religiöse Menschen sich auf die Suche machen, um in ihren jeweiligen Ethiken und Religionen das gemeinsame Gute zu entdecken? Deshalb gebührt dem Religionsunterricht ein gleichberechtigter Platz neben dem Fach Ethik.

Das Vorhaben sollte keineswegs den Intellektuellen allein überlassen werden. Gerade Jugendliche sind an Maßstäben und Werten interessiert. Oft urteilen sie schnell und rigoros. „Wer an Gott glaubt, ist doof“, tönt es dann schon mal von atheistisch erzogenen Sprösslingen. Als Antwort, nicht nur muslimischer Kinder, ist zu hören: „Wer nicht an Gott glaubt, wird bestraft.“ Worauf es also ankommt, ist, Heranwachsende zu befähigen, sich mit Primitivvorstellungen über die anderen und das andere kritisch auseinanderzusetzen. Das kann kaum gelingen, wenn sie angewiesen bleiben auf irrwitzige Bemerkungen und Ideen über Weltbilder, die in ihren Milieus prägend sind.

Stattdessen ist sowohl in den Religionen als auch in den humanistischen Ethiken herauszuarbeiten, was Nichtgläubige wie Gläubige verbindet in der Achtung voreinander und im Handeln. Deshalb ist Unterricht in Ethik oder Religion, je nach Hinwendung, der beste Schutz gegen unmoralische, irrational-fundamentalistische Überzeugungen, die sich in allen Weltanschauungen einnisten. In diesem Sinn hätte das noch umkämpfte Modell des Nebeneinanders von Ethik und Religion sogar eine Vorbildrolle für Deutschland.

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