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Die Deutschen hängen noch immer an ihrer Mark. Davon will jetzt die "Alternative für Deutschland" profitieren.

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Partei "Alternative für Deutschland": Eine Alternative zu Merkels Kanzlerwahlverein?

Am Sonntag macht sich die "Alternative für Deutschland" bereit, in den Bundestag einzuziehen - und den Euro abzuschaffen. Die neue Partei könnte Merkel einige Stimmen streitig machen. Doch es sind nicht allein enttäuschte CDU-Anhänger, die die "Alternative" für wählbar halten.

Tja, so kann es kommen. Hart, trocken und deutlich wie selten hatte die Kanzlerin ihre Politik der Euro-Rettung als „alternativlos“ dargestellt. Drei Jahre später ist der Frust über diese Politik so groß, dass die „Alternative für Deutschland“ Angela Merkels CDU Druck macht, mehr Druck von konservativer Seite, als diese Partei je erlebt hat. Die Anti-Euro-Bewegung bürgerlicher, gebildeter EU-Skeptiker will an diesem Sonntag eine richtige Partei werden. Und sie will bei der Bundestagswahl antreten.

Dass es so gekommen ist, hat Gründe. Die sollten zumindest erwähnt werden – bevor der Alternative je nach Gusto der übliche mediale Hype, das Scheitern an den Mühen des Unterschriftensammelns und der Listenaufstellung oder der Untergang wegen der unachtsamen Aufnahme irgendwelcher Politquerschläger vorausgesagt wird. Die Gründe haben viel, aber nicht nur mit der Euro- und Finanzkrise zu tun. Alexander Gauland, konservativer Publizist und Sprecher der Alternative, hat jüngst erklärt, man wäre ja zufrieden, „wenn der Euro endlich nach den Regeln funktionieren würde, die seine Schöpfer völkerrechtlich für ihn festgelegt haben“ – wenn also für das Schuldenmachen die Regeln gelten würden, die sich jeder private Bankkreditnehmer zu beachten verpflichtet.

Den Anhängern der Alternative geht es offenbar auch um ein paar bürgerliche Tugenden, die sie in der CDU nicht oder nur noch schwach repräsentiert finden. Der Umgang mit Schulden, ein durchschaubares und mit normalem Verstand nachvollziehbares Steuerrecht gehören dazu, gewiss auch die eine oder andere populär-populistische Forderung. Doch sind es nicht allein enttäuschte CDU-Wähler, die jetzt in Meinungsumfragen sagen, sie hielten die Alternative für wählbar. Auch ehemalige SPD-Anhänger und Liberale bekennen sich zur Alternative. Anhänger der Grünen und der Linken hingegen können der Alternative wenig abgewinnen – wohl deshalb, weil ihre Parteien stärker wertegebundene Programme bieten.

Merkels CDU aber pflegt einen Umgang mit Geld, der Bürgerlich-Konservative misstrauisch macht. Und bevor nun wieder einzelne Abgeordnete oder ganze Wirtschaftsflügel – wie jetzt bei der Zypern-Rettung – erklären, sie hätten doch Bedenken gegen den Euro-Rettungskurs deutlich gemacht und mit Stimmenthaltung gedroht: Noch immer war ihnen die Regierungsmacht näher als die Bedenken einer nicht übersehbar großen Anzahl von Bürgern. Da ist Merkels CDU nicht anders als Konrad Adenauers und Helmut Kohls Kanzlerwahlverein.

Sehr modern und zeitgemäß ist sie indes im Umgang mit Werten, die mal als konservativ und bürgerlich galten. Man kann das Schmelzen des alten Markenkerns (Ehe, Familie, wenig staatliche Beeinträchtigung der individuellen Freiheit, Subsidiarität), die neue Offenheit für Regenbogenfamilien, die Homo-Ehe und eine Kinderbetreuung, die möglichst vielen Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, als Reflex auf eine sich rasend schnell verändernde Gesellschaft verstehen. Wenn Werte vom Bundesverfassungsgericht definiert werden – Beispiel Beteiligung des Parlaments an der Euro-Rettung, Beispiel Rechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartner – dann hat Politik nur noch moderierende Funktion.

Das macht Merkels Union, und zwar so erfolgreich, dass die Kanzlerin nach aktuellen Umfragen Kanzlerin bleiben kann. Die Alternative für Deutschland indes transportiert das Unbehagen an einer Politik, die den Euro zum Selbstzweck erklärt hat.

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