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Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin. Sie war unter anderem Chefredakteurin von "impulse".

© Mike Wolff

Kolumne "Ein Zwischenruf": Milliarden helfen nicht gegen die Jugendarbeitslosigkeit

Hohe Geldbeträge dienen in Europa als politische Signalflaggen dafür, wie ernst ein Thema genommen wird. Im Fall der Jugendarbeitslosigkeit aber vermitteln sie das falsche Signal. Sie ermutigen die jungen Leute, zu Hause zu warten.

In der vergangenen Woche ist die Jugendarbeitslosigkeit zu einem der wichtigsten Themen Europas geadelt geworden. Gestritten wird nur noch, ob sechs, acht, oder 20 Milliarden Euro gebraucht werden, um Millionen arbeitsloser Jugendlicher im Süden von der Straße zu holen.

Die Wahrheit ist: Es werden weder zwanzig noch acht noch sechs Milliarden Euro gebraucht. Hohe Geldbeträge dienen in Europa zwar als politische Signalflaggen dafür, wie ernst ein Thema genommen wird. In diesem Fall aber vermitteln sie das falsche Signal. Sie ermutigen die jungen Arbeitslosen, zu Hause zu warten. Für die Jugendlichen in Südeuropa aber gibt es nur einen erfolgversprechenden Weg. Es ist der Weg, den junge Polen, Litauer und Iren seit Jahren gehen. Sie arbeiten in anderen Ländern Europas, wenn der heimische Arbeitsmarkt nichts hergibt. Politiker wie der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz dagegen klagen, dass Jugendliche aus Griechenland, Spanien oder Portugal gezwungen seien, ihr Land zu verlassen, um woanders Arbeit oder Ausbildung zu finden. Aber ist das nicht das, was mit Freizügigkeit in Europa einmal gemeint war?

Jahrelang sind junge Ostdeutsche nach Österreich gegangen, um dort in der Gastronomie und im Tourismusgewerbe zu helfen. Ärzte und Krankenschwestern zog es nach Dänemark und Schweden, weil dort bei familienfreundlicheren Arbeitszeiten besser bezahlt wurde. Unter Studenten gilt es als Privileg, in einem anderen Land studieren zu dürfen. Wer also versteht Europa falsch: diejenigen, die milliardenschwere Bleibehilfen auflegen - oder die, die junge Leute ermutigen, auf Zeit oder Dauer ihr Heimatland zu verlassen?

Überhaupt: Jugendliche. Die Mehrheit der jungen Arbeitslosen im Süden Europas hat das Alter von 20 Jahren deutlich überschritten. Niemand will 16- oder 17-jährige dauerhaft aus ihrer Heimat in den kalten Norden locken. Warum aber sollen 22- oder 26-jährige Südeuropäer andere Erwartungen an Europa haben dürfen als Jugendliche aus anderen Ländern? Die jungen Polen und Iren sind die Vorbilder, an denen sich Europa orientieren sollte.

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