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Ein Zwischenruf zur …: … Rente mit 67

Wer hat nicht schon Werbeschriften aus seinem Briefkasten gezogen, mit Unmut? Das aufgedrängte Papier muss schließlich wieder entsorgt werden.

Wer hat nicht schon Werbeschriften aus seinem Briefkasten gezogen, mit Unmut? Das aufgedrängte Papier muss schließlich wieder entsorgt werden. Das ist die eine Seite, aber da ist noch eine andere. Die ist bei näherer Betrachtung aufschlussreich in Sachen Renten-Altersgrenze. Unter den Verteilboten sind nicht wenige Rentner, die dazu verdienen müssen. Aber was für ein Arbeitsaufwand für den winzigen Ertrag: ganze 1,6 Cent pro Werbezeitung. Um auf sechzehn Euro zu kommen, sind 1000 Exemplare in 1000 Briefkästen unterzubringen, eine Aufgabe für mehrere Stunden bei Wind und Wetter und schwerem Gepäck. Der Hinzuverdienst würde einfacher und einträglicher erwirtschaftet, hätten die interessierten Arbeitnehmer schon heute einen Anspruch, auch nach dem 65. Lebensjahr auf Wunsch weiterbeschäftigt zu werden, voll oder in Teilzeit.

Wer gerade jetzt wieder gegen die Rente mit 67 wettert, hat wenig Ahnung von der faktisch längst vollzogenen Lebensarbeitszeitverlängerung von Kleinrentnern. Könnten sie auf eigenen Wunsch ein paar Jahre länger am gewohnten Arbeitsplatz weiterarbeiten, müssten sie sich danach nicht auf Hungerlöhne einlassen. Was macht wohl die „Putzfrau“ aus Hamburg, die sich erst vom lokalen Arbeitsgericht und vor einem Jahr auch vom Europäischen Gerichtshof sagen lassen musste, dass ihr Arbeitgeber – ihr Arbeitsplatz war eine Kaserne – sie rechtmäßig nach ihrem 65. Geburtstag entlasse, da der Tarifrahmenvertrag das so vorsehe? Wahrscheinlich beseitigt sie jetzt vom „Tisch gefallene Krümel“ in einem Privathaushalt, schlechter bezahlt, ungeschützter und ohne rentensteigernde Beiträge.

Für eine wachsende Zahl von Minirentnern wäre ein gesetzlicher Anspruch auf Weiterbeschäftigung ein Segen: rentenerhöhend, nicht rentenkürzend. Deshalb ist die Forderung, jedem freizustellen, wie lange er nach den festgelegten Beitragsjahren weiterarbeiten will, vernünftig. In den USA ist das seit langem gesetzlich verankert. Dieses Privileg gibt es auch in Deutschland, allerdings beschränkt auf politische Ämter, beispielsweise Abgeordnete, Minister. Je länger sie dabei sind, desto höher die Altersversorgung. Orwells Farm der Tiere (geschrieben 1945) erklärt, warum das so ist.

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