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Elektromobilität: Raus aus dem Schaufenster!

Die Bundesregierung fördert Elektromobilität in vier Regionen - und geht damit einen richtigen Weg. Wenn sie aber ihr Ziel von einer Million Elektroautos erreichen will, braucht es noch einige Innovationssprünge und vor allem niedrigere Batteriepreise.

Das Automobil wird gerade neu erfunden, behauptet jedenfalls die Branche. Kaum ein Hersteller kommt ohne Pläne für rein elektrisch angetriebene Modelle aus. Trotzdem ist davon auf deutschen Straßen wenig zu sehen. Selbst Rekordpreise an den Tankstellen drehen den Trend zu schweren und starken Spritfressern bisher nicht. Die Bundesregierung will nun in sogenannten Schaufensterregionen die Entwicklung neuer Technologien, Nutzungsformen und Geschäftsmodelle fördern, und sie tut es auf überraschend kluge Weise.

Denn eigentlich war fest damit zu rechnen, dass der bereitstehende Etat von bis zu 180 Millionen Euro nach parteipolitischem Gutdünken vergeben wird. Das geschieht nun nicht oder jedenfalls nicht auf ganzer Front: Bundesumweltminister Norbert Röttgen von der CDU zieht ohne Schaufenster in den nordrhein-westfälischen Wahlkampf. Das Land, in dem Opel in Bochum ums Überleben kämpft, das wie kein anderes von Staus geprägt ist, geht also völlig leer aus.

Und die vier beteiligten Bundesministerien – neben Umwelt auch Verkehr, Wirtschaft und Bildung – sind auch nicht der Versuchung erlegen, um des lieben Friedens willen ein paar mehr Schaufenster zu benennen. Drei bis fünf wurden avisiert, vier sind es nun: Berlin, Bayern/Sachsen, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Insider hatten es für möglich gehalten, dass sechs oder gar sieben Schaufenster gekürt werden, mit jeweils geschrumpften Fördersummen.

Dass es nicht so gekommen ist, wird noch für Ärger sorgen. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz hatte erst vor wenigen Tagen bekräftigt, dass die Hansestadt sich bei dem Thema als europaweit führend ansehe. Das mag so sein, aber sie wird sich ohne Unterstützung des Bundes profilieren müssen. Die wichtigste Lehre aus dem Beschluss ist: Elektromobilität muss auch in jenen 19 Regionen eine Chance bekommen, die eine Absage erhalten haben. Hamburg sollte zum Beispiel auch weiter das Ziel verfolgen, am Ende des Jahrzehntes nur emissionsfreie Busse einzusetzen. Und Nordrhein-Westfalen sollte tatsächlich weitere 600 Ladesäulen aufstellen.

Dass Berlin zum Zuge gekommen ist, ist nicht überraschend. Die Hauptstadt als Schaufenster – das ergibt Sinn, auch hatte die Bewerbung die meisten Projektpartner. Enttäuschend ist, dass sich daneben nur die Heimatregionen der drei großen Autohersteller – Daimler/Baden-Württemberg, BMW/Bayern und VW/Niedersachsen – durchgesetzt haben. Solche Großkonzerne haben Subventionen dieser Art wirklich nicht nötig. Obendrein liegt das Schaufenster der „Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg“ ziemlich abseits.

Mit der Förderung von Regionen und Forschungsvorhaben geht die Bundesregierung grundsätzlich einen richtigen Weg. Wenn sie aber ihr Ziel erreichen will, dass im Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen, braucht es noch einige Innovationssprünge und vor allem niedrigere Batteriepreise. Nur im Schaufenster gut auszusehen, wird nicht reichen.

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