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Ende des Solidarpakts: Alle müssen mit weniger auskommen

Der Staat würde gern den Soli behalten - wenn auch für andere Aufgaben als den Aufbau Ost. Doch mit der Hochbelastungsphase bei Steuern und Abgaben muss Schluss sein. Daher muss mit dem Solidarpakt auch der Solidaritätszuschlag verschwinden.

Der Solidarpakt lebt. Sieben Jahre noch. Wenn es nach Recht und Gesetz geht. Aber es gibt welche, die wollen ihn hinmeucheln. Möglichst bald vor 2019. Am liebsten gleich. Das mörderische Ansinnen ist regional ungleich verteilt. In Nordrhein-Westfalen ist es seit längerem stärker vorhanden als etwa in der Lausitz. Am stärksten ist die Mordlust im Ruhrgebiet. Mehrere Oberbürgermeister von dort, Sozialdemokraten zumeist, verlangen das Ende der jahrelangen Solidaraktion zugunsten des Ostens. Sie wollen das Geld für sich haben.

Unverständlich ist das nicht. Denn der Osten lebt zwar nicht im Fett, noch immer ist die Steuerkraft der Länder dort und erst recht die der Kommunen im Schnitt deutlich geringer. Aber um das zu beheben, gibt es den Finanzausgleich. Er soll Einnahmeunterschiede nivellieren. Der Solidarpakt sollte und soll das Aufholen des Ostens ermöglichen über eine vergleichbare Infrastruktur: Straßen, Abwasser, Krankenhäuser, Schulen, Universitäten. Hier ist der Rückstand weitgehend aufgeholt. Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und, richtig, auch Berlin stehen, was staatliche und kommunale Angebote an Bürger und Wirtschaft betrifft, kaum noch schlechter da als Durchschnittsregionen im Westen.

Insofern haben die Ruhr-Bürgermeister, haben westdeutsche Politiker, die schwächere Regionen vertreten, die Vernunft schon auf ihrer Seite. Eine Vereinbarung, deren Zweck vor Ablauf der Frist weitgehend erfüllt ist, muss man nicht künstlich am Leben erhalten. Man kann den Solidarpakt in Würde sterben lassen.

Nur ist das nicht der Kern der Debatte, die seit einiger Zeit mit langsam wachsender Dynamik läuft. Es geht dabei weit stärker um den anderen „Soli“ – nicht den Pakt, sondern den Zuschlag. Beide werden oft verwechselt, was leicht nachzuvollziehen ist, denn die Sondersteuer wurde im Zuge der Finanzierung der „Kosten der Einheit“ (DDR-Altschulden und Aufbau Ost) eingeführt. Zwar ist der Zuschlag streng juristisch betrachtet nicht zweckgebunden, aber natürlich besteht der Zusammenhang. Der eine Soli lässt sich vom anderen Soli nicht trennen. Das aber wird immer massiver versucht. Das Geld soll beim Staat bleiben, wenn auch anders verwendet werden.

Fast jedes aktuelle Schlagwort dient dazu, das Ansinnen zu rechtfertigen. Der Bildungssoli (letztlich ein Lehrerbesoldungszuschlag, um die wachsenden Pensionsetats zu entlasten), der Schuldensoli (weil Staatsschulden ja wie ein Naturereignis gekommen sind), und im Ruhrgebiet denkt man eben an den regionenunabhängigen Soli für darbende Kommunen. Warum nicht einen zusätzlichen Öko-Soli für die Energiewende? Einen Euro-Soli? Oder vielleicht einen Banken-Soli? Wie wäre es mit einem Soli-Soli, jährlich neu verteilt gemäß dem aktuell debattierten Solidar-Ereignis?

Doch Unernst beiseite: Am besten wäre es, wenn bei den Politikern in Bund, Ländern und Kommunen endlich die Einsicht reifen würde, dass das nahende Ende des Solidarpakts auch das Ende der Hochbelastungsphase bei Steuern und Abgaben bedeutet. Die Jahrhundertaufgabe der Einheitsfinanzierung ist dann zwar nicht erledigt, aber sie wird überschaubar. Und man kann nicht alle paar Jahre mit Jahrhundertaufgaben kommen. Daher muss mit dem Solidarpakt auch der Solidaritätszuschlag verschwinden. Die Politik in Ost und West muss einfach lernen, wieder mit weniger auszukommen. Ganz solidarisch. Mit uns, den Steuerzahlern.

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