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Meinung: Er hätte nicht gerettet werden können

„Peter Fechter im Sterben – ein Foto und seine Geschichte“ vom 17. August Seinerzeit war ich der zuständige Dezernent der „Arbeitsgruppe Regierungskriminalität“, der den „Fall Peter Fechter“ bearbeitet und Anklage gegen die Schützen erhoben hatte.

„Peter Fechter im Sterben – ein Foto und seine Geschichte“ vom 17. August

Seinerzeit war ich der zuständige Dezernent der „Arbeitsgruppe Regierungskriminalität“, der den „Fall Peter Fechter“ bearbeitet und Anklage gegen die Schützen erhoben hatte. Ich möchte wesentliche Details zum damaligen Tatgeschehen und zu der späteren Strafverfolgung noch anmerken und einige Passagen in dem zum Gedenktag erschienenen Buch „Mord an der Mauer. Der Fall Peter Fechter“ berichtigen: Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen nahmen schon deshalb viel Zeit in Anspruch, weil sich erst spät ergab, dass es sich bei den Schützen nicht um reguläre Angehörige der IV. Grenzabteilung handelte, sondern um Polizeikräfte, die in halbjährlichem Turnus aus den Bezirken nach Berlin abgeordnet wurden. Noch bei Anklageerhebung standen mir an Fotos lediglich solche von westlicher Seite zur Verfügung; erst durch einen Zufall wurde dann im Archiv der „Gauck-Behörde“ unter sog. vorvernichtetem Material eine nicht beschriftete zur Hälfte zerrissene Lichtbildmappe des MfS gefunden, die ich dem „Fall Peter Fechter“ zuordnen und dem Gericht nachreichen konnte; aus ihr war ersichtlich, dass zwei Grenzer von dem benachbarten Kontrollpunkt Friedrichstraße im Schatten der Mauer zu dem noch immer am Fuß der Mauer liegenden Schwerverletzten liefen, ihn aufnahmen und über den Stacheldrahtzaun auf Mitte der Zimmerstraße hinüberhoben, so dass er von dort alsbald zum Volkspolizei-

Krankenhaus verbracht werden konnte (wo er nach Einlieferung verstarb). Den Schützen selbst wurde nicht gestattet, sich nach vorn an die Mauer zu begeben und das Opfer zu bergen; stattdessen wurde die Ankunft des an diesem Tag als diensthabender Regimentskommandeur fungierenden Hauptmanns Schäfer abgewartet, der sich erst von Rummelsburg zum Tatort begab und dann vor Ort die erforderlichen Befehle erteilte.

Auf meine Veranlassung konnte schließlich nach Anklageerhebung im

Gerichtsmedizinischen Institut der Charité – entgegen der bisherigen Auskunft, ältere Sektionsprotokolle seien 1975 sämtlich vernichtet worden – bei erneuter Suche auf dem Dachboden eine vollständige Durchschrift des Sektionsprotokolls aufgefunden werden, durch die die Angabe des Obduzenten Prof. Dr. Prokop bestätigt wurde, Peter Fechter habe wegen der Schwere der Schussverletzung auch bei sofortiger ärztlicher Hilfe nicht gerettet werden können. Damit entfiel zugleich der anfängliche Verdacht der unterlassenen Hilfeleistung gegenüber den militärischen Vorgesetzten der Schützen.

Dr. jur. Joachim Riedel, Pullach

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