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Meinung: Ergänzen, nicht blockieren

Berlin und Washington verstehen sich schlecht, aber sie verbindet viel Von Jackson Janes

Deutschland lehnt George W. Bush weiter ab. Werden sich die deutschamerikanischen Beziehungen noch mehr verschlechtern, nachdem der US-Präsident über ein deutliches Mandat seiner Wähler verfügt? Nein. Wir kennen diesen Film: Die deutsche Reaktion auf die Wahl von Jimmy Carter, Erdnussfarmer aus Georgia, oder Ronald Reagan, B-Schauspieler aus Hollywood, war anfangs ähnlich negativ. Sogar Bill Clinton standen viele Deutsche anfangs skeptisch gegenüber. Europa hatte noch nie viel Verständnis für die Art, wie die Amerikaner ihren Präsidenten auswählen.

George W. Bush verkörpert viele der negativen Stereotypen Europas über die USA – das fängt mit seinem texanischen Cowboy-Auftreten an. Deutschland und die EU sind mit den USA aber so sehr verbunden, dass Meinungsumfragen und Stimmungen nicht immer entscheidend sein dürfen. Wichtiger sind politische Interessen und Entscheidungen, die für beide Länder wirklich relevant sind.

Das Weiße Haus wird in den kommenden vier Jahren angesichts der gestärkten republikanischen Kongressmehrheit und der geschwächten Opposition seine Agenda vorantreiben. Die Außenpolitik wird von Irak, Afghanistan und dem sich verändernden Nahen Osten dominiert. Dies wird auch die deutsch-amerikanischen Beziehungen prägen.

In Deutschland hat der Kampf um die Bundestagswahl 2006 bereits begonnen. Dabei wird es in erster Linie um nationale Themen gehen, aber auch um die EU und den Beitritt der Türkei, um den Balkan, Afghanistan, Iran, Irak. Folgende Fragen werden die kommenden Monate und Jahre bestimmen: Wie werden die je nationalen Debatten und Argumente auf der anderen Seite des Atlantiks rezipiert? Wie kann Deutschland seinen Einfluss in Washington geltend machen? Wie könnte sich eine vorläufige Verschlechterung der Lage im Irak und in Afghanistan auswirken? Was für Folgen hätte eine Terrorattacke in Europa oder den USA? Wie hoch kann der Euro noch steigen, bis daraus ein transatlantisches Problem entsteht?

Entgegen dem äußeren Anschein sind sich Deutschland und Amerika bei diesen Fragen in vieler Hinsicht einig; die Herausforderung besteht jetzt darin, daraus eine Politik zu schmieden, die sich ergänzt und nicht blockiert. Viel hängt von den politischen Botschaften ab, die Washington und Berlin zu diesen Themen aussenden – und wie gut sie jenen zuhören, die darauf reagieren. Das Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Präsident George W. Bush im Frühjahr sollte ausgesprochen gründlich vorbereitet werden. Die jüngsten zwei Jahre haben gezeigt, was passiert, wenn das nicht der Fall ist.

Der Autor ist Direktor des American Institute for Contemporary German Studies an der Johns Hopkins University. Er war gerade in Berlin, um mit der Bundesregierung über Konsequenzen aus der US-Wahl zu debattieren.

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