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Meinung: Es wird keine Gewinner geben

Von Albert Funk

Reformdebatten scheinen immer so zu beginnen: Alle erkennen die Notwendigkeit, dass sich etwas ändern muss, alle geloben, brav mitzumachen, aber keiner will dabei verlieren. Und alle handeln dann getreu dem Sprichwort: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg’ auch keinem andern zu. So beginnt nun auch die zweite Phase der Staatsreform, in der es um eine Neuordnung der Finanzverfassung geht, also um die föderalen Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Das ganze System ist etwas aus dem Lot geraten. Alle wissen das, Bundesregierung, Ministerpräsidenten, Abgeordnete in Bundestag und Landtagen, Bürgermeister. Die hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte, der Zwang zur Einhaltung der Euro-Kriterien, die stetig steigenden Pensionslasten für Beamte, die Unmöglichkeit, Steuern über das beschlossene Maß hinaus erheblich zu steigern, die Einnahmeausfälle durch hohe Arbeitslosigkeit – aus all diesen Gründen geht es bei dieser Reform darum, Einschnitte vorzunehmen. Es wird keine Gewinner geben.

Doch hört man sich den Auftakt der Debatte in den letzten Tagen an, vernimmt man die bekannten Töne: Wir wollen zwar, aber uns darf es nicht treffen. So reden westdeutsche Ministerpräsidenten, wenn es darum geht, die geringer werdenden EU-Fördermittel für den Osten auszugleichen. Und die Ost-Regierungschefs mahnen unisono, der Solidarpakt dürfe auf keinen Fall angetastet werden. Wer kann es ihnen verdenken. Sie sind der Ansicht, einen steten Geldfluss bis 2019 garantiert bekommen zu haben. Das war aber, bevor die Geldflüsse in alle staatlichen Kassen geringer wurden. Und man hat dem Osten viel Geld zugestanden (für Investitionen nämlich), ohne die Sicherheit zu haben, dass es auch dem Zweck entsprechend ausgegeben werden kann. Derzeit schon fließt ein Teil der Investitionsmittel in ganz andere Töpfe als den wirtschaftlichen Aufbau im Osten. In einer solchen Situation kann auch der Solidarpakt nicht sakrosankt sein.

Es muss angesichts des Konsolidierungsbedarfs, der Notwendigkeit, die Staatsfinanzen gründlich zu ordnen, alles auf den Prüfstand. Die große Koalition im Bund hat die Chance, ein Reformwerk auf den Weg zu bringen, für das die politischen Enkel noch dankbar sein werden.

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