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Die Bürger leiden unter der Schuldenkrise. Die Griechen fühlen sich von ihren Politikern verraten.

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Euro und Griechenland: Eine gemeinsame Währung reicht nicht

Ganz Radikale fordern den Austritt Griechenlands aus dem Euro. Das aber wäre eine Katastrophe, nicht nur für die Wirtschaft des Landes, sondern auch für das Projekt Europa. Und wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa.

Die klassische griechische Tragödie kennt nur einen einzigen Ausgang. Sie endet immer in der Erkenntnis, dass der Mensch sehr fehlbar ist. Und meistens ist das Ende blutig.

Auch die aktuelle griechische Schuldenkrise scheint ausweglos zu sein. Kaum haben sich der Internationale Währungsfonds und die EU-Finanzminister dazu durchgerungen, dem Land mit weiteren Rettungskrediten zu helfen, wird der Chor der Kritiker laut. Griechenland sei ein Fass ohne Boden, man dürfe das Land, das seine Probleme nicht so schnell in den Griff bekommen hat wie versprochen, für sein Versagen nicht auch noch belohnen. Und tatsächlich fällt es schwer zu glauben, dass die Griechen es diesmal schaffen. Es ist ja nicht so, dass sie nicht gespart hätten. Als die Ratingagentur Moody’s in der vergangenen Woche die Note für die Kreditwürdigkeit des Landes abermals herabsetzte, tat sie das mit der Begründung, die Sparmaßnahmen der griechischen Regierung seien so hart, dass sie die Wirtschaft für Jahre schwächen würden.

Eine Alternative wäre ein Schuldenschnitt, bei dem die Kreditgeber auf einen Teil ihres Geldes verzichten müssten. Das würde die Griechen entlasten, ist aber auch keine Lösung. Die Gefahr ist groß, dass die Investoren dann auch anderen Staaten kein Geld mehr leihen. Zudem besitzen viele Banken griechische Staatsanleihen. Wenn die Papiere ihren Wert verlieren, droht die nächste Finanzkrise. Das Problem wird sich übrigens noch verschärfen, wenn der deutsche Finanzminister, wie angekündigt, die Banken am nächsten Rettungsprogramm beteiligt.

Ganz Radikale fordern schon lange den Austritt Griechenlands aus dem Euro. Das aber wäre die sichere Katastrophe, nicht nur für die Wirtschaft des Landes, sondern auch für das Projekt Europa. Und was wir brauchen, ist nicht weniger, sondern mehr Europa. Denn das ist der Fehler, den uns die Tragödie vor Augen führt. Als die Politiker den Euro eingeführt haben, haben sie es versäumt, die notwendige politische Struktur dafür zu schaffen. Es reicht nicht, wenn Länder eine gemeinsame Währung haben. Sie müssen sich auch darüber einigen, wie viele Schulden sie machen dürfen oder wann ihre Bürger in Rente gehen. Dafür braucht es nicht nur lose Regeln, sondern auch mächtige Institutionen, die die Einhaltung dieser Regeln überwachen.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat darum jüngst vorgeschlagen, einen europäischen Finanzminister zu berufen. Die Idee klingt bestechend: Ein starker Mann, der den Regierungschefs, wenn sie nicht sparen, einfach das Heft aus der Hand nehmen darf. Er könnte die Euro-Zone auch nach außen vertreten. Im Moment ist es so: Die Finanzmärkte reagieren auf jede Nachricht in Sekunden, die Politik aber braucht ewig, um zwischen all den widerstreitenden Interessen eine Antwort zu finden.

Das allerdings ist auch das Wesen der Demokratie, und die Bürger leiden ziemlich unter der Schuldenkrise. Die Griechen fühlen sich von ihren Politikern verraten, die Deutschen auch, die Finnen ebenso. Sie zu überreden, noch mehr Souveränität an das ungeliebte Brüssel abzugeben, wird schwer. Eine starke EU kann nur eine sein, die den Bürger beteiligt, etwa, indem sie dem Europäischen Parlament mehr Rechte einräumt. Und deren Politiker sich trauen, den Wählern zu erklären, warum soziale Wohltaten, die auf Pump finanziert werden, in Wahrheit keine sind. Wenn sie das lernen, hat die griechische Tragödie ihren Sinn erfüllt.

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