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Europa-Gipfel: Merkels Preis

Die Staaten der Euro-Zone überwerfen sich in der Frage, wie man die Pleite der Gemeinschaftswährung verhindern kann. Kanzlerin Merkel zeigt beim Euro jene Härte, die Helmut Kohl nicht abverlangt worden war.

Die Europäische Union erlebt gerade zweifach, was einem Bauherrn passiert, der sich schönste Materialien für ein Haus bestellt hat, während die Statiker noch streiten, wo Stützpfeiler nötig sind. Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Balkankonflikt findet die EU erneut auf eine, durch brutale Militäraktionen verursachte, humanitäre Krise in ihrem Umfeld keine Antwort, sondern schwankt zwischen massiver Intervention gegen und moralischen Appellen an den libyschen Diktator. Als sei die Uneinigkeit in der Außen- und Sicherheitspolitik nicht schon das Ansehen zerstörend, überwerfen sich die Staaten der Euro-Zone auch noch in der Frage, wie man die Pleite der Gemeinschaftswährung verhindern kann.

Beim Brüsseler Gipfel reiben sich die Denkmodelle der nüchternen Nordeuropäer erneut an der eher emotionalen Unstrukturiertheit des südeuropäischen Raumes. Frankreichs Präsident Sarkozy würde am liebsten Bomben auf Gaddafi werfen. Die träfen vermutlich jene Kampfflugzeuge, die Frankreich seit Jahrzehnten an Libyen geliefert hat. Bei der Stabilität des Euro scheint die französische Entschlossenheit zur Stabilisierung hingegen eher hinhaltenden Charakter zu haben – die Wirtschaftsregierung nach Sarkozys Vorstellungen hat einen die Wirtschaft reglementierenden Charakter, während die Deutschen an Disziplinierung der Akteure denken. Der Unterschied ist klar: Der Präsident möchte selber mitspielen, während die Kanzlerin nur die Regeln vorgeben will.

Die Regierung Merkel, und mit ihr die deutschen Steuerzahler, sind heute in der gesamtschuldnerischen Haftung für die Lebenslüge der Regierung Kohl. Diese Lebenslüge war die Illusion, man könne die Segnungen einer Währungsunion genießen, ohne die dafür unabdingbare Voraussetzung, eine Wirtschaftsunion, geschaffen zu haben. Die Rechnung wird seit Beginn der europäischen Währungskrise präsentiert. Deutschland wird sie mit begleichen müssen. Aber es wird dafür die Bedingungen stellen, und Merkel zeigt hier jene Härte, die Kohl nicht abverlangt wurde. Der Euro wird künftig auf den deutschen Bedingungen gründen, die im Kern so lauten: einheitliche Pensionsgrenzen für alle Eurostaaten, Haushaltsdisziplin, Verschuldungsbremse, Abkoppelung der Lohnzuwächse von den Inflationsraten. Darunter darf Merkel in den EU-Wirtschaftspakt nicht einschlagen, will sie nicht alles Vertrauen in der Heimat verspielen.

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