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Meinung: „Europa muss die Globalisierung annehmen“

Es war im vergangenen Juni, als sich Tony Blair und Angela Merkel, die damals noch Kanzlerin in spe war, in der britischen Botschaft in Berlin trafen. Hinterher hieß es dann, die Stimmung bei der Begegnung sei ausgezeichnet gewesen.

Es war im vergangenen Juni, als sich Tony Blair und Angela Merkel, die damals noch Kanzlerin in spe war, in der britischen Botschaft in Berlin trafen. Hinterher hieß es dann, die Stimmung bei der Begegnung sei ausgezeichnet gewesen. Kein Wunder: In Berlin spekulierte man damals über einen Machtwechsel in Richtung Schwarz-Gelb – und die Union wollte mit der FDP so ähnlich durchregieren, wie das Tony Blair in seinem eigenen Land schon seit 1997 tut.

Bekanntlich sind die Dinge in Berlin etwas anders gekommen. Und so darf man gespannt sein, wie viel Nähe Merkel und Blair bei ihrem heutigen Treffen in Berlin der Öffentlichkeit signalisieren. Mit Blair kommt ein politisch angeschlagener Gast an die Spree, was vor allem damit zu tun hat, dass ihm das Unterhaus in den letzten Wochen gerne die Gefolgschaft verweigerte. Von Durchregieren ist an der Themse schon lange keine Rede mehr. Die britische Öffentlichkeit beschäftigt sich zunehmend mit der Frage, wann Blair den Stab an seinen möglichen Nachfolger weitergibt, den Finanzminister Gordon Brown.

Im Verhältnis zwischen Merkel und Blair bleibt hingegen die Frage spannend, was die beiden vor allem auf der europäischen Bühne verbindet. Zwischen Merkels Vorgänger Gerhard Schröder und dem Labour-Chef Blair war das Verhältnis nie sonderlich eng, der gemeinsamen Mitgliedschaft in derselben Parteienfamilie zum Trotz. Erst wussten die deutschen Sozialdemokraten mit dem Schröder-Blair-Papier im Jahr 1999 nichts anzufangen, mit dem der damalige Kanzler die Modernisierungs-Debatte in der eigenen Partei vorantreiben wollte. Und dann kam der Irakkrieg – und mit ihm der offene Dissens zwischen Schröder und Blair.

Nun hat sich die Aufregung um den Irakkrieg gelegt, geblieben aber ist die Vorsicht der Bundesregierung bei allem, was zu sehr nach Marktöffnung und Liberalisierung schmeckt. Man kann das an der Haltung der großen Koalition zur EU-Dienstleistungsrichtlinie ablesen: Während sich vor allem die Briten, im Verbund mit zahlreichen osteuropäischen Staaten, möglichst viel Freiheit für grenzüberschreitende Dienstleister wünschen, tut sich die große Koalition schwer mit einer klaren Haltung zu der Richtlinie, die am Donnerstag vom Europaparlament in erster Lesung verabschiedet wurde.

Dass die große Koalition von „German Chancellor Merkel“ tatsächlich funktionieren kann, das verlangt von den Briten, die klare Regierungsverhältnisse gewohnt sind, ohnehin viel Vorstellungskraft. Und möglicherweise auch von Tony Blair.

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