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Meinung: Flügelflattern in der Außenpolitik

Im Vergleich zum Schlachtenlärm der rot-grünen Regierung hat die Außenpolitik der großen Koalition im ersten Jahr fast geräuschlos funktioniert. Während sich Gerhard Schröder und Joschka Fischer oft gegenseitig zur Ordnung riefen und auf ruppige Weise Kompetenzen streitig machten, gelang Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine so harmonische Abstimmung, dass die deutsche Außenpolitik fast stets mit einer Stimme sprach.

Von Hans Monath

Im Vergleich zum Schlachtenlärm der rot-grünen Regierung hat die Außenpolitik der großen Koalition im ersten Jahr fast geräuschlos funktioniert. Während sich Gerhard Schröder und Joschka Fischer oft gegenseitig zur Ordnung riefen und auf ruppige Weise Kompetenzen streitig machten, gelang Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine so harmonische Abstimmung, dass die deutsche Außenpolitik fast stets mit einer Stimme sprach. Das ist erstaunlich, weil Union und SPD sich in vielen Fragen nicht einig sind. Und es war eine der Bedingungen dafür, dass Berlin in Europa als ein Garant von Stabilität gilt. Die Harmonie ist jetzt vorbei. Wenige Tage, bevor Europas Regierungen über ihren Türkeikurs im Zypernkonflikt entscheiden müssen, hat der Außenminister seiner Kanzlerin überraschend öffentlich Ratschläge erteilt und sie vor einer drastischen Verschärfung des Kurses gegenüber Ankara gewarnt. Geht da ein großer strategischer Riss mitten durch die Regierung? Tatsächlich sind von der Kanzlerin Signale kolportiert worden, die eine Verschärfung des Kurses gegenüber der Türkei nahelegen. Ihre eigenen Aussagen aber sind durchaus vereinbar mit den Empfehlungen der EU-Kommission, die wegen des unbestrittenen Versagens von Ankara in der Zypernfrage Konsequenzen für die Beitrittsverhandlungen vorschlägt. Das Ziel eines Türkei-Beitritts hat sie – anders als manche Parteifreunde – nicht mehr infrage gestellt, seit sie regiert.

Aus den eigenen Reihen richten sich ganz andere Erwartungen an die Kanzlerin: Der Zypernkonflikt gilt vielen in der Union als Gelegenheit, den ohnehin ungewollten Türken so deutlich die Meinung zu sagen, dass sie das Gesicht verlieren und sich abwenden. Edmund Stoiber, der nun den Totalstopp der Beitrittsverhandlungen fordert, ist vom CDU-Parteitag für ähnliche Töne gefeiert worden. Zwar sind Konsequenz und Härte bei der Einforderung vereinbarter Zusagen an Zypern notwendig, damit sich Ankara weiter bewegt. Es wäre aber töricht, auf die Würde und den Handlungsspielraum Erdogans keine Rücksicht zu nehmen.

Steinmeier hat zwar gezeigt, dass er entgegen seinem Ruf durchaus bereit ist, auch unmissverständliche Ansagen zu machen. Aber nur wenn die Bundesregierung diese Woche in den EU-Gremien wieder mit einer Stimme spricht, wird sie zwischen den in der Türkei-Frage gespaltenen Europäern vermitteln können. Vielleicht wäre es schon hilfreich, wenn sich die Kanzlerin klar von Stoibers Holzhammerdiplomatie distanzierte.

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