zum Hauptinhalt

Flughafen Schönefeld: Die Versager

Schuld am Berliner Flughafendebakel trägt auch der Aufsichtsrat: Er hätte handeln müssen. Die Gelegenheit dazu hatte er offenbar viel früher als bisher bekannt.

Der Aufsichtsrat der Berliner Flughäfen kann von Glück sagen, dass er derzeit drängende praktische Fragen zu entscheiden hat. Wann eröffnet der neue Großflughafen BER? Und: Wer führt dieses Himmelfahrtskommando künftig? Das wird auf der Sitzung am heutigen Mittwoch erörtert und vielleicht auch schon entschieden. Doch es wird noch zu klären sein, wie sehr der Aufsichtsrat selbst dramatisch versagt hat.

Es ist wahr: In den meisten Situationen nicken Aufsichtsräte die Entscheidungen und Pläne ihrer Vorstände oder Geschäftsführer ab. Nur so erklären sich die Millionensummen, mit denen manche Manager sich vergüten lassen, gebilligt vom Aufsichtsrat und damit auch von Arbeitnehmerseite. Das spezifisch deutsche System der Mitbestimmung ist so, und unterm Strich fährt das Land mit diesem radikalen Konsensmodell gut.

Aber es gibt eben Situationen, in denen ein Aufsichtsrat handeln muss. Für solche Momente lebt das Gremium, das ist sein Sinn. Ein Beispiel ist Siemens, wo das vor fünf Jahren so war. Der Aufsichtsrat hat damals erkannt, dass die Korruptionsaffäre den Weltkonzern gefährdet und die Macht übernommen. Klaus Kleinfeld und andere mussten auch ohne nachgewiesene Verfehlungen gehen, und das war nur der Anfang. Siemens ist seitdem ein von Grund auf anderes Unternehmen geworden. Es ging nicht immer gerecht zu, es mögen auch Eitelkeiten eine Rolle gespielt haben – aber letztlich hat der Aufsichtsrat Siemens gerettet.

Auch bei den Berliner Flughäfen gab es diesen Moment, in dem der Aufsichtsrat hätte handeln müssen. Ob der schon länger zurückliegt oder erst eintrat, als Klaus Wowereit im Tower-Fahrstuhl stecken blieb – das Ergebnis allein zeigt, dass der Aufsichtsrat seiner Verantwortung nicht gerecht geworden ist. Das wiegt umso schwerer, weil der Regierende Bürgermeister sich gegen einen Generalunternehmer entschieden hat und damit stärker in der Pflicht steht.

Der Aufsichtsrat hat also vor vergangenem Dienstag, als die Eröffnung platzte, klar versagt. Ob er seitdem erfolgreicher agiert, ist noch offen. Klar ist: Die Öffentlichkeit wurde getäuscht. Nicht nur der Brandschutz war nicht gewährleistet, sondern auch die Computer und die Stromversorgung hakten. Offenbar wurde die Eröffnung auch mit Rücksicht auf die Fluggesellschaften gestoppt. Air Berlin, ohnehin unter Druck, hätte auf dem neuen Flughafen sicher zu knapsen gehabt, weil nur die Hälfte der geplanten Kapazität zur Verfügung gestanden hätte. Denn das heißt: die Hälfte der Umsätze.

Noch steht vieles im Konjunktiv. Aber mal angenommen, die Politik handelte aus Rücksicht auf Fluggesellschaften, um später von ihnen auf Schadenersatz verklagt zu werden – dann würde die Legende platzen, dem Aufsichtsrat sei es nur um die Sicherheit gegangen. In den nächsten Jahren werden sich Richter und Abgeordnete akribisch mit solchen Fragen und Vorwürfen beschäftigen. Je mehr es dem Aufsichtsrat gelingt, BER im nächsten Anlauf zu einem Erfolg zu machen, desto weniger wird er selbst öffentlichem Druck ausgesetzt sein. Wenn das keine Motivation ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false