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Frankreichs Präsident Hollande will das Ruder herumreißen und sein Land wieder auf Wachstumskurs bringen.

© Reuters

Frankreich: Hollande in der Zwickmühle

In der Krise zeigt Frankreichs Präsident François Hollande ein doppeltes Gesicht: Beim Bieterkampf um den Industriekonzern Alstom beweist er Realismus – und zündelt gleichzeitig beim Euro.

Im Grunde ist es eine Selbstverständlichkeit, die François Hollande gerade in seinem ersten großen Fernsehauftritt seit Beginn des Jahres angekündigt hat. Wenn die Arbeitslosigkeit bis zum Ende seiner Amtszeit nicht sinkt, will Frankreichs Staatschef bei der nächsten Präsidentschaftswahl gar nicht erst antreten. Auch Gerhard Schröder hatte nach seinem Sieg 1998 gesagt, er verdiene eine Wiederwahl nicht, wenn in vier Jahren die Trendwende am Arbeitsmarkt nicht geschafft werde. Tatsächlich sank die Arbeitslosigkeit in Schröders erster Amtszeit – um dann in der zweiten Legislaturperiode wieder die Horrorwerte aus der Endzeit der Ära Kohl zu erreichen. Das Ergebnis ist bekannt.

Drei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl ähnelt die Lage in Frankreich der Situation unter „Schröder II“. Die Arbeitslosigkeit steigt weiter, dafür sinkt Hollandes Popularität ungebremst. Frankreichs Staatschef will sich trotz der scheinbar aussichtslosen Lage nicht irre machen lassen. Er weiß, dass in der Politik drei Jahre eine Ewigkeit bedeuten. Er möchte soziale Verwerfungen, wie sie die Agenda 2010 in Deutschland hervorgerufen hat, seinem Land ersparen. Damit steht er vor einem Problem, das der Quadratur des Kreises gleicht.

Hollandes Aufgabe gleicht der Quadratur des Kreises

Zwar hat Hollande gerade ein größeres Reformtempo angekündigt. Doch grundsätzlich wird sich wohl wenig daran ändern, dass er Reformen auf die sanfte Tour durchsetzen will. Sein wichtigstes Instrument im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit bleibt der „Pakt der Verantwortung“. Nach dieser Vereinbarung sollen die Arbeitgeber bei Steuern und Abgaben entlastet werden. Im Gegenzug sollen die Firmenchefs neues Personal einstellen. Eine harte Rosskur sieht Hollande auch künftig nicht für sein Land vor. Stattdessen zeichnet sich für die kommenden drei Jahre etwas anderes ab: eine Mischung aus wirtschaftspolitischem Pragmatismus und einer Infragestellung der Regeln innerhalb der Euro-Zone. Das eine ist lobenswert, das andere brandgefährlich.

Der neue Realismus der französischen Regierung zeigt sich aktuell im Bieterkampf um den französischen Industriekonzern Alstom. Zwar mag man in Deutschland darüber lächeln, dass der französische Staat angesichts des Übernahmeangebots des US-Riesen General Electric derart aufzutrumpfen versucht, obwohl er kaum Anteile an Alstom hält. Letztlich haben sich aber auch Hollandes Sozialisten damit abgefunden, dass sie einer möglichen Übernahme keine Steine in den Weg legen können. Jetzt geht es für Hollande vor allem – ganz pragmatisch – darum, eine Verlagerung von Arbeitsplätzen zu verhindern.

Allerdings wäre es fatal, wenn im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit auch die gemeinsamen Verabredungen in der Euro-Zone unter die Räder kämen. Vorsichtshalber hat die EU-Kommission schon einmal Alarm ausgelöst: Obwohl Frankreich schon zweimal einen Aufschub erhalten hat, läuft das Land Gefahr, auch im kommenden Jahr die Defizitziele zu verfehlen. Alarmierend ist auch die Botschaft der Pariser Regierung an ihre Nachbarn, dass ein schwächerer Euro im Grunde ganz gut für die französische Wirtschaft wäre. Aber in diesem Punkt darf Hollande bei Kanzlerin Angela Merkel nicht auf großes Verständnis hoffen. Seine Wiederwahl muss er sich schon mit anderen Mitteln sichern.

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