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Meinung: Führungsstreit der Liberalen: Schlussdebatte: FDP-Chef Gerhardt will mal wieder die Diskussion um seine Person beenden

Diesmal trifft Jürgen Wilhelm Möllemann nicht die alleinige Schuld an der fortgesetzten Führungsdebatte in der FDP. Denn im Ursprung war es der Partei- und Fraktionsvorsitzende selbst, der sie ausgelöst hat.

Diesmal trifft Jürgen Wilhelm Möllemann nicht die alleinige Schuld an der fortgesetzten Führungsdebatte in der FDP. Denn im Ursprung war es der Partei- und Fraktionsvorsitzende selbst, der sie ausgelöst hat. Wolfgang Gerhardt, dies zur Erinnerung, hatte - pikanterweise - nach einem Truppenbesuch vor einem halben Jahr laut darüber nachgedacht, ob er nicht eines seiner beiden Ämter aufgeben solle. Seither wird munter debattiert, trotz aller Versuche, dies zu unterbinden. Die Diskussionen finden nur zumeist in Hinterzimmern statt. Und schon dann, wenn zwei Freidemokraten zusammenstehen.

Heute nun wählt die FDP-Fraktion im Bundestag ihren Vorstand wieder, folglich auch Gerhardt, und da der keine Anstalten macht, sich zu entscheiden, drängt Möllemann aufs Neue. Das war zu erwarten, ebenso, dass er bei seinem neuen Vorstoß gegen Gerhardt begleitet würde vom schleswig-holsteinischen Oppositionsführer Wolfgang Kubicki. Diese beiden sind nicht nur befreundet, nicht nur vom Politikertypus her ähnlich und darüber hinaus engste politische Gefährten geworden - sie sind auch die erfolgreichsten Wahlkämpfer der FDP seit langen Jahren. Daraus leiten sie ihre Legitimation ab, den Bundesvorsitzenden anzugreifen, den sie - an seinen Ergebnissen gemessen - für den falschen halten. Und in der Partei nicht nur sie.

Im Mai ließ sich einer der Vizevorsitzenden, die gerade ihre Unterstützung für Gerhardt bekunden, auch mit herber Kritik zitieren. Walter Döring, der Chef des einflussreichen Landesverbandes Baden-Württemberg, also im Stammland des politischen Liberalismus, gab diese Maxime vor: Will Gerhardt nicht mehr die Nummer eins in der Partei sein, dann muss es rasch ein anderer werden, weil zwei Jahre Spekulationen um den Frontmann zu viel sind. Das gilt bis heute. Bei Rainer Brüderle, dem anderen Stellvertreter, muss man auch nur einmal genauer auf die Wortwahl schauen. Er hat jetzt auf der so genannten Strategiekonferenz in Mainz betont, wer unzufrieden mit dem Parteichef sei, der solle gegen ihn kandidieren oder schweigen. Dahinter verbirgt Brüderle seine Kritik, die lediglich im Ton gemäßigter ausfällt, weil Gerhardt und er Freunde sind.

Dass Möllemann nicht schweigen wird, ist klar. Ob er kandidieren würde? Nicht, wenn Guido Westerwelle an seiner Stelle anträte. Westerwelle, der aus seinem nordrhein-westfälischen Landesverband kommt, sagte jetzt in Mainz diesen immerhin interpretationsfähigen Satz: Wer überschüssige Kraft habe, solle sie in den Kampf mit dem politischen Gegner investieren. Ein klares Dementi eigener Ambitionen ist das nicht, könnte es auch nicht sein, selbst wenn der Satz nicht ganz so gemeint war. Denn richtig bleibt: Möllemann und Kubicki haben seit ihren Wahlerfolgen Kraft, und Gerhardt ist für sie ein politischer Gegner geworden. Im Gegenteil zu Westerwelle, denn der hindert sie nicht, sich zu entfalten. Außerdem weiß Möllemann, dass ein zukunftsweisender Wechsel an der obersten Spitze der Partei wohl der zu einer anderen Generation sein müsste. Möllemann und Gerhardt sind beide Mitte 50, Westerwelle Ende 30.

Unabhängig von persönlichen Animositäten zwischen den ewigen Kontrahenten, die ja schon einmal gegeneinander angetreten sind, ist die Ausstrahlung unbestreitbar unterschiedlich. Möllemann steht für das (wenngleich anmaßend wirkende) Projekt einer neuen liberalen Volkspartei, angelehnt an die Erfahrungen in Holland und Dänemark. Westerwelle steht noch immer für den Versuch, neue (wenn auch in Teilen sehr elitär wirkende) Überzeugungen in die Partei zu tragen. Hinzu kommt sein Auftreten als einer aus der Generation Tempo. Und beide eint, dass sie - angelehnt an Hans-Dietrich Genscher - eher über Optionen als über Koalitionen reden.

Wolfgang Gerhardt hat kein eigenes Projekt, steht nicht für eine neue Liberalismusvariante. Er wirkt redlich, aber eher gemächlich und geschmeidig schon gar nicht. Und fordert der Doppelvorsitzende, dass die Debatte ein Ende haben muss, geht sie dennoch weiter. Bis er ein Amt abgegeben hat.

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